"Man traut sich endlich, etwas mitzuteilen, was man 'immer schon mal loswerden' wollte, früher aber für sich behalten hat", sagte Schuster dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Samstag). "Das geschieht heute lauter und drastischer, als ich es mir noch vor zehn Jahren hätte vorstellen können, selbst in der Mitte der Gesellschaft."
Mehrheit gegen Judenhass
Dabei seien seiner Ansicht nach nicht mehr Menschen antisemitisch eingestellt als bisher, betonte der Zentralrats-Präsident. "Das Gros der deutschen Bevölkerung ist nicht antisemitisch." Aber bei dem kleinen Rest wüchsen "Ressentiments und Judenfeindschaft, ja Judenhass".
Zum Teil trügen dazu sicher auch Flüchtlinge aus muslimischen Ländern bei, "die mit Judenhass und Israel-Feindlichkeit aufgewachsen sind", sagte der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Würzburg weiter. Damit wolle er aber nicht die Entscheidung der Bundesregierung kritisieren, muslimische Flüchtlinge aufzunehmen, stellte Schuster klar und distanzierte sich ausdrücklich von der AfD. "Gerade wir Juden wissen, was es bedeutet, verfolgt zu werden und fliehen zu müssen. Wir wissen auch, was es bedeutet, Schutz und Zuflucht zu finden."
Stereotype abbauen
Die Juden in Deutschland könnten nicht erwarten, dass Menschen, die auf der Flucht aus muslimischen Ländern sind, ihre Vorurteile gegen Juden an der deutschen Grenze ablegten, sagte Schuster weiter. Es seien überdies auch nicht die einzigen Vorurteile und Stereotype, die sie mitbrächten. Auch die Gleichberechtigung von Mann und Frau und die Akzeptanz unterschiedlicher sexueller Orientierungen sei nicht für alle selbstverständlich. Ziel müsse es deshalb sein, "alles daran zu setzen, Vorurteile abzubauen. Und unsere gesellschaftlichen Normen klar zu vermitteln."