domradio.de: Der "Raum der Stille" war ja eigentlich eine tolle Idee. Was genau sollte das für ein Raum sein?
Eva Prost (Pressesprecherin von der TU Dortmund): Wir haben den Raum der Stille 2012 eingerichtet. Die Idee dahinter: Auf dem Campus einen Rückzugsort für Studierende einzurichten, die dort meditieren oder beten – oder einfach während Lernpausen an der Uni die Augen schließen möchten. Dieser Raum sollte religiös neutral gehalten werden und Studierenden aller Glaubensrichtungen offen stehen.
domradio.de: Was genau ist dann passiert?
Prost: Wir haben den Raum 2012 eröffnet. Schon wenige Monate nach der Eröffnung gab es erste Vorfälle von Verstößen gegen die Nutzungsordnung. Wir haben damals schon Gebetsteppiche dort vorgefunden, den Koran. Es waren Flyer ausgelegt mit Verhaltenshinweisen für Frauen, zum Beispiel dass sie Kopftücher tragen oder kein Parfum benutzen sollen. Schon damals sind Trennwände in den Raum angebracht worden, um einen Bereich für Frauen und einen für Männer einzurichten. Damals hat der AstA aber prompt reagiert und hat einen Zettel an die Tür gemacht und hat darauf gesagt: Räumt das weg oder wir tun das.
Der Raum wurde vorübergehend geschlossen und umgestaltet. Ein Sofa und ein Bücherregal wurden reingestellt. Es gab ein Angebot zum Booksharing. Damit sollte mit der Einrichtung deutlich gemacht: Das ist kein Gebetsraum für eine bestimmte Gruppe, sondern ein Ruheraum, der allen offen stehen soll.
domradio.de: Jetzt gab es eine Petition gegen die Schließung des Raumes, der sich über 400 Studierende angeschlossen haben. Was steht in der Petition drin?
Prost: Ich muss nochmal zurückgehen. 2012 gab es erste Vorfälle. Danach ist das Ganze ganz geräuschlos und problemlos gelaufen. Wir haben dann Anfang dieses Jahres, im Januar, erneut Beschwerden von Studentinnen erhalten. Diese hatten berichtet, dass sie am Eingang des Raums abgefangen worden seien und dass man ihnen gesagt habe, dass sie als Frauen nur einen kleineren Bereich benutzen dürften. Der größere Bereich sei für die Männer reserviert.
Unsere Hausverwaltung hat den Raum dann in Augenschein genommen und hat die Raumteilung und auch wieder religiöse Symbole in den Raum vorgefunden. Darauf haben wir dann Anfang Januar entschieden, den Raum zu schließen. Daraufhin hat es eine Petition gegeben, unterschrieben von etwa 400 Studierenden.
Wir haben mit einem offenen Brief auf unserer Webseite reagiert, auf dem wir erklären, was das Konzept des Raums der Stille war, welche Vorfälle hat es gegeben und warum sind das Verstöße gegen die Nutzungsordnung. Wir haben dargelegt, dass die Trennung in einen Bereich für Männer und einen für Frauen gegen das Gleichbehandlungsgebot für Männer und Frauen verstößt und damit gegen das Grundgesetz.
Und das können wir als staatliche Einrichtung, die dem Grundgesetz verpflichtet ist, nicht dulden. Deswegen mussten wir den Raum schließen. Und das haben wir in einem transparenten Brief an die Öffentlichkeit kommuniziert.
domradio.de: Die Gegner der Schließung beklagen in ihrer Petition, sie würden durch den Schritt diskriminiert und Muslime unter Generalverdacht gestellt. Was sagen Sie dazu?
Prost: Dass wir als Universität diskriminieren, weisen wir scharf zurück. Es ist das Gegenteil der Fall: Wir mussten diesen Schritt unternehmen, um Diskriminierung von Frauen zu vermeiden, die nur einen kleinen Teil des Raumes benutzen durften.
Aber auch vielleicht die Diskriminierung anderer Religionen, denn wenn ein Raum so gestaltet ist, wie er war, fühlen sich dort christliche, buddhistische oder hinduistische Studierende nicht mehr wohl.
domradio.de: Was wird jetzt aus dem Raum?
Prost: Wir wissen, dass es Bedürfnis nach Rückzugsorten auf dem Campus gibt und möchten jetzt mit unterschiedlichen Gremien in den Dialog treten, um herauszufinden, was die Bedürfnisse sind.
Zum Beispiel vom Gleichstellungsbüro, dass Studierende, die kleine Kinder haben, sich einen Raum für den Rückzug wünschen - zum Beispiel zum Schlafen oder Wickeln. Wir werden weitere Bedürfnisse aufnehmen, aber dieses Konzept eines Raums der Stille, in dem auch gebetet werden darf – dieses Konzept sehen wir als gescheitert.