Die Linke will ihr Verhältnis zu den Kirchen klären

"Liberté, Egalité, Laicité"

Die Linkspartei will sich am Wochenende auf ihrem Bundesparteitag mit dem Verhältnis von Staat und Religion befassen. Dazu liegen zwei Anträge vor, die zwischen revolutionärem Pathos und pragmatischer Reform schwanken.

Autor/in:
Christoph Scholz
Wahlplakat der Linken in Rheinland-Pfalz im Jahr 2016 / © Kristina Schaefer (epd)
Wahlplakat der Linken in Rheinland-Pfalz im Jahr 2016 / © Kristina Schaefer ( epd )

Wie hält es die Linke mit der Religion? Darüber soll der Bundesparteitag am kommenden Wochenende in Magdeburg entscheiden, zumindest wenn es nach dem Willen des sächsischen Landesverbandes geht. "Liberté, Egalité, Laicité" (Freiheit, Gleichheit, Laizität) lautet der Titel ihres Antrages. Unter den etwas pathetischen Anklängen an die Französische Revolution heißt es im gleichen Tonfall weiter: "Die Zeit für eine konsequente Trennung von Staat und Religion in der Bundesrepublik Deutschlands ist gekommen". Ein weiterer Antrag will allerdings zunächst grundsätzlich das Verhältnis der Linken zu den Religionsgemeinschaften klären und plädiert für eine religionspolitische Kommission des Parteivorstandes.

Derzeit sind beide Anträge unter "Sonstiges" am späten Samstagabend aufgeführt. Wie die Pressestelle am Donnerstag erklärte, gebe es noch keine Bemühungen der Antragsteller um mehr Debattierzeit. Daher sei es denkbar, dass der Vorstand die Anträge verschiebe. Beide Vorlagen unterscheiden sich nicht nur in der Vorgehensweise, sondern auch in der gesellschaftspolitischen Analyse. So könnte es zu einer Debatte kommen, wie die Vorgaben des Erfurter Parteiprogramms von 2011 zu Religionsfragen konkret ausgestaltet werden sollen. Dort hält die Partei fest: "Laizismus bedeutet für uns die notwendige institutionelle Trennung von Staat und Kirche". Einig sind sich beide Anträge darin, dass die Linke hier Klärung schaffen sollte.

Forderung nach Ende der Kirchensteuer und des kirchlichen Arbeitsrechts

Die Vorlage aus Sachsen ist bis in die Sprache hinein von einem ideologischen Laizismus geprägt. So werden Priester zu "religiösen Spezialisten". Der Staat hat im Sinne "progressiver sozialistischer Politik" die Aufgabe, eine "Laizisierung" voranzutreiben. Im Erfahrungshorizont des säkularisierten Ostens sehen sie sich in einer durch Zuwanderung immer pluralere Glaubenslandschaft, in der die Konfessionslosen inzwischen die "größte Konfession" bilden.

So wird eine Verfassungsänderung gefordert, damit die Bundesrepublik sich als "säkularer, laizistischer Staat versteht": vom Ende des Kirchensteuersystems und des kirchlichen Arbeitsrechts bis zur Verbannung religiöser Symbole aus öffentlichen Gebäuden. Der Gotteslästerungsparagraf soll ebenso fallen wie das "Sektenbeauftragtenwesen" oder die Mitwirkung der Kirchen in den öffentlichen Medien. Die Gefangenen- und Militärseelsorge soll durch Psychologen übernommen werden und der Religionsunterricht durch Ethik- und Philosophieunterricht ersetzt werden.

Zweiter Antrag: Anerkennung der Religion als öffentliche Angelegenheit

Wahrscheinlich entscheidet sich aber die Mehrheit für den Antrag zur Einsetzung einer Kommission - ähnlich wie dies bei den Grünen erfolgte. Dahinter stehen namhafte Landes- und Bundespolitiker wie der thüringische Ministerpräsident und Protestant Bodo Ramelow, Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau, der ehemalige Fraktionsvorsitzende und Cusanus-Stipendiat Oskar Lafontaine und die religionspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Christine Buchholz.

Auch in ihrem Antrag finden sich alle genannten Themen wieder, allerdings in Frageform. Und schon die erste macht den Unterschied deutlich: "Wie kann die LINKE die Zivilgesellschaft stärken, deren Teil auch Religionsgemeinschaften sind?" In der Einleitung bekennen sich die Unterzeichner ausdrücklich zur Verfassung und zur korporativ-institutionellen Religionsfreiheit: "Anerkannt wird damit, dass Religion nicht bloß Privatsache ist, sondern auch eine öffentliche Angelegenheit".

Religionsgemeinschaften als Bündnispartner

Ihr Antrag sieht die Kirchen und Religionsgemeinschaften als "zivilgesellschaftlichen Faktor" mit "Einspruchsmacht". Ferner würdigen sie das Engagement der Kirchen zugunsten von Flüchtlingen. Sie sehen in den Religionsgemeinschaften Bündnispartner, um gegen "Zivilisationskrisen, die zunehmende Spaltung in Arm und Reich, die Zunahme an Kriegen und globalem Rüstungswettlauf, Rassismus und die Verrohung der Gesellschaft" anzugehen.

In diesem Sinne warb die Linke bei den jüngsten Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz mit einem Konterfei von Papst Franziskus - bei dem Ramelow jüngst zur Audienz war. Auch ihr Antrag tritt für eine größere Distanz von Staat und Kirche ein - allerdings eher pragmatisch. In jedem Falle dürfte nicht nur der thüringische Landeschef Ramelow vor dem Reformationsgedenken mehr auf Reformen als auf eine Revolution setzen.


Quelle:
KNA