domradio.de: Kann man seinen Geburtstag überhaupt noch feiern, wenn dieser Tag auch der Jahrestag der Ernennung zum Dombaumeister ist?
Peter Füssenich (Kölner Dombaumeister): Zumindest werde ich meinen Geburtstag zeitlebens nicht mehr vergessen...
domradio.de: Wie erinnern Sie sich an den Tag heute vor einem Jahr?
Füssenich: Es war ein sehr besonderes Geschenk und es hat mich völlig überrascht. Der Dompropst hat mir an diesem Tag die Nachricht überbracht und mit gratuliert. Ich bin wirklich aus allen Wolken gefallen, dachte erst, er wolle mir zum Geburtstag gratulieren.
domradio.de: Sie sind jetzt eine Person des öffentlichen Lebens in Köln, was hat sich für Sie persönlich geändert?
Füssenich: Das ist ganz erstaunlich, weil ich das in dieser Form von anderen Kathedralstädten nicht kenne. Der Dombaumeister ist in Köln so etwas wie eine Stadtfigur, die eine besondere Rolle spielt, weil natürlich der Dom diese außergewöhnliche Bedeutung hat. Deshalb wird da genauer drauf geschaut. Hin und wieder wird man dann auch im Alltag erkannt, zum Beispiel beim Einkaufen. Aber das ist schön, wenn die Menschen Anteil nehmen und man merkt, dass sie den Dom lieben. Und der liegt uns Kölnern ja wirklich allen am Herzen.
domradio.de: Haben Sie einen Lieblingsort am Kölner Dom?
Füssenich: Es sind einige. Grundsätzlich sind das die Stellen, an denen lange niemand mehr gewesen ist. Wenn wir ein neues Gerüst bauen und dann zum ersten Mal seit 160 Jahren kleine Details in den Blick genommen werden können, die die Steinmetzen und Bildhauer damals für den Dom gemacht haben: Das ist ein solcher Detailreichtum! Einfach wunderbar. Da wird der Respekt vor dem Handwerk immens groß.
domradio.de: Gewöhnt man sich an den Blick von oben?
Füssenich: Es ist wirklich immer noch ein besonderer Moment. So oft bin ich ja leider gar nicht oben. Es ist immer wieder ein erhabenes Gefühl, über der Stadt zu schweben.
domradio.de: Was waren die größten Herausforderungen im ersten Jahr?
Füssenich: Es war tatsächlich kein langweilliges Jahr. Es fing durch die Silvesterereignisse natürlich bedrückend an. Aus dem heraus sind aber viele Kontakte enstanden z.B. zur Kölner Polizei und Politik. Das Ende des Jahres war dann ja ein Gutes, und wir sind der Polizei sehr dankbar, für das, was sie für die Menschen und auch den Dom als Ort des Friedens und des Gebetes geleistet hat.
domradio.de: Aufsehenerregend war auch das Flüchtlingsboot im Dom.
Füssenich: Die Dombauhütte hat das Boot zum Altar für Fronleichnam umgebaut. Die Idee des Kardinals, ein Flüchtlingsboot zum Altar zu machen, hat bundesweite Beachtung gefunden, weil sie an den Kern unseres Christentums heranrührt: Uns offen zu machen für die Nöte der Menschen. Wir haben da gerne unseren bescheidenen Anteil geleistet. Wir haben dann auch geholfen, das Boot in den Dom zu transportieren - das war gar nicht so einfach. Aber einer unserer Mitarbeiter meinte: "Unmögliches erledigen wir sofort". Und so war es dann ja auch, es musste halt seitwärts durchs Portal.
domradio.de: Was steht in diesem Jahr an?
Füssenich: Es sind die Aufgaben am Dom, die wir immer zu meistern haben. Baustellen am Dom sind ja eine langfristige Angelegenheit. Es steht die Restaurierung der Strebesysteme im südlichen Lang- und Querhaus an. Das wird uns auf Jahre und Jahrzehnte beschäftigen. Wir planen da bis ins Jahr 2070! Es werden weiter Steinmetz-, Bildhauer- und restauratorische Arbeiten am Michaelsportal Richtung Bahnhof stattfinden. Das Jesus-Sirach-Fenster wird im März eingeweiht, das ist eine der Rekonstruktionen im südlichen Querhaus. Viele andere Dinge auch außerhalb des Domes werden uns beschäfitgen.
Ein ganz besonderes Jubiläum feiern wir ja in diesem Jahr: 175 Jahre Kölner Dombauverein von 1842. Das feiern wir natürlich kräftig. Zum ersten Mal wird die Dombauhütte am Rosenmontagszug beteiligt sein. Und ich darf sogar auch mitfahren! Und das große Ziel des Vereins ist, dass aus den momentanen 14.000 Mitgliedern im Jubiläumsjahr 17.500 werden. Da arbeiten wir gemeinsam dran!
Das Interview führte Silvia Ochlast.