Was den Rücktritt und den Amtsverzicht von Bischöfen anbetrifft, bleibt das Kirchenrecht eher vage. Zwar gilt für alle Diözesanleiter und Kurienchefs im Prinzip eine Pensionsgrenze von 75 Jahren. Da letztlich aber der Papst über den von den Exzellenzen angebotenen Amtsverzicht "nach Abwägung aller Umstände" entscheidet, bleiben die meisten mindestens einige Wochen, oft Monate, mitunter auch Jahre länger im Amt. Weniger klar umrissen ist bislang das Vorgehen bei Oberhirten, die wegen angegriffener Gesundheit oder "aus einem anderen schwerwiegenden Grund" ihre Amtsgeschäfte nicht mehr recht wahrnehmen könnten. Jetzt schaffte das vatikanische Staatssekretariat mit einer am Mittwoch in Kraft getretenen Verwaltungsanordnung mehr Klarheit.
Darin heißt es, in "einigen besonderen Fällen" könne "die zuständige Autorität es für notwendig halten, einen Bischof um die Einreichung des Verzichts auf sein Hirtenamt zu bitten". Die Motive dafür müssen ihm erläutert werden, seine Sicht der Dinge ist "im brüderlichen Dialog" aufmerksam zu hören. "Zuständige Autorität" ist in diesem Fall die Bischofs-, die Missions- oder die Ostkirchenkongregation, die in einem solchen Fall aktiv werden können.
Bischof Tebartz-van Elst: "Fruchtbare Ausübung" des Bischofsamtes nicht mehr möglich
De facto dürfte das auch in der Vergangenheit so gehandhabt worden sein. Das legen parallele Rücktritte von irischen Bischöfen im Jahre 2010 nahe, die mit Versäumnissen oder Vertuschungen bei Missbrauchsskandalen in Verbindung gebracht wurden. Beim Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst war die Feststellung, dass ihm eine "fruchtbare Ausübung" des bischöflichen Amtes nicht mehr möglich sei, der Grund für den vorzeitigen Rücktritt.
Die neue Verfügung, die Papst Franziskus in einer Audienz für Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin billigte, schreibt dieses Vorgehen nun fest. Weiterhin könnte es aber vorkommen, dass der Betreffende die Bitten des Heiligen Stuhls ignoriert. Im Extremfall hat der Papst die harte Möglichkeit einer Amtsenthebung - wie zuletzt die des paraguayischen Bischofs Rogelio Livieres, dem Falschaussage und üble Nachrede vorgeworfen wurden.
Die sieben Artikel umfassende Anordnung ergänzt die Canones 401, 402, 411 und 354 des katholischen Kirchenrechts. Im Wesentlichen schreibt sie fest, was schon bisher Praxis war. Das gilt für den Amtsverzicht von Bischöfen, der nur selten pünktlich zum 75. Geburtstag mitgeteilt wird und beispielsweise auch erst nach dem 91. Geburtstag erfolgen kann. Das war das Alter, in dem der weißrussische Kardinal Kazimierz Swiatek seinen Bischofsposten aufgab. Indem Benedikt XVI. ihn so lange im Amt ließ, wollte er Swiatek als große Bekennergestalt seiner verfolgten Kirche ehren.
Übergangsregelungen sollen entfallen
Die Verfügung legt weiter fest, dass Bischöfe, deren Rücktritt vom Papst angenommen wurde, auch ihre nationalen Ämter verlieren, soweit sie an die Bischofswürde gebunden sind. Das gilt etwa für den Vorsitz einer Bischofskonferenz. Robert Zollitsch, bis September 2013 Erzbischof von Freiburg, wurde mit seinem Amtsverzicht postwendend zum Verwalter seines Erzbistums ernannt; so konnte er auch weiter Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz bleiben.
Für leitende Kurienkardinäle gilt, dass sie ebenfalls "gehalten sind", dem Papst zum 75. Geburtstag den Rücktritt anzubieten. Dieser werde jeden Einzelfall abwägen - was bislang eine zweijährige Verlängerung bedeutete. Dagegen verlieren künftig Kurienleiter, die nicht Kardinäle sind, sowie die Sekretäre der Kurienbehörden und die übrigen Kurienbischöfe mit Vollendung des 75. Lebensjahrs automatisch ihre Ämter. In der Vergangenheit behielt Velasio De Paolis etliche Monate als Erzbischof die Leitung der vatikanischen Wirtschaftspräfektur. Auch der langjährige Sekretär der Bischofskongregation, Erzbischof Francesco Monterisi, blieb über seinen 75. Geburtstag hinaus im Amt.
Artikel 4 betont die auch im Kirchenrecht vorgesehene Möglichkeit eines Bischofs, "bei Krankheit oder anderen schwerwiegenden Motiven" bereits vor Erreichen der Altersgrenze seinen Rücktritt anzubieten. In dem Fall sind die Gläubigen gebeten, "für ihren ehemaligen Hirten Solidarität und Verständnis zu zeigen und ihn nach den Erfordernissen der Liebe und Gerechtigkeit dauerhaft zu unterstützen".