Gastkommentar zur Frage der Frauenweihe

Wünscht sich Gott Diakonninnen und Priesterinnen?

Sind Frauen zum Dienst als Diakonin oder Priesterin berufen? Der Priester und Geschichtsprofessor Hubertus Lutterbach ist davon überzeugt, und zeigt Meinungen und Schicksale aus dem neuen Buch der Benediktinerin Philippa Rath auf. Ein Gastkommentar.

Ordensfrau im Gebet / © WDnet Creation (shutterstock)

"Du bist ein Wunsch Gottes, den er sich selbst erfüllt hat." (Hans-Joachim Eckstein)

Diese großartige Wertschätzung nimmt jede und jeden von uns aus der Perspektive des göttlichen Schöpfers in den Blick. "Du bist ein Wunsch Gottes, den er sich selbst erfüllt hat." Gott hängt seine Liebe an unser Dasein. Und er erhofft sich von uns, so sagt es das Evangelium, dass auch wir seine Spur aufnehmen, dass wir seine Botschaft mit unserem Leben füllen: "Kehrt um und glaubt an das Evangelium!"

Gottes Freude an uns – unsere Freude an ihm. Wenn beide Seiten so zusammenkommen, ist göttlich-menschliche Gemeinschaft lebendig. Wichtig ist allein: Die Begabungen, die wir Christen als gottgeschenkt ansehen, wollen gepflegt werden und sollen mir selbst und meinen Mitmenschen zu Gute kommen. Mit dem Evangelium gesprochen: Meine Begabungen zeigen mir, wie ich Christus und den Mitmenschen am 'mir-gemäßesten' Gutes tun kann. Umgekehrt wäre es das Schlimmste, wenn sich ein Mensch daran gehindert fühlte, seine bei sich wahrgenommenen Begabungen einzubringen.

Gibt es eine Berufung zur Priesterin?

Doch genau solche Hindernisse erleben viele Menschen in ihren Leben. Unter anderem gilt das für Frauen, die sich zu einem kirchlichen Amt hingezogen fühlen und es gern übernehmen würden. Es gibt viele Frauen, die sich in ihrem Leben beständig wünschen, dass sie doch am liebsten als Diakonin oder Priesterin wirken würden. Wie klingt der eben gehörte Zuspruch vor diesem Hintergrund: "Du bist ein Wunsch Gottes, den er sich selbst erfüllt hat"?!

Anfang Februar 2021 hat die Benediktinerin Philippa Rath ein Buch veröffentlicht, in dem 150 Frauen im Alter von 19 bis 94 von ihrem tief gehegten Wunsch – von ihrer Berufung – sprechen, ein kirchliches Amt zu übernehmen. Die erste Auflage dieses Buches unter dem Titel "Weil Gott es so will…" im renommierten Herder Verlag war schon nach wenigen Tagen ausverkauft. Ich möchte einfach einige dieser Stimmen zu Wort kommen lassen – ganz nach dem Motto: Frauen sprechen für Frauen! Und Männer sollten ihnen gut zuhören!

Frauen, die Berufung spüren

Maria-Sybille Bienentreu, die mit Begeisterung Katholische Theologie studiert hat und dann Theologin und Schulseelsorgerin geworden ist, schreibt über ein Erlebnis schon jenseits ihrer Lebensmitte Folgendes: "Groß war mein Erstaunen, als ich mit etwa 50 im Urlaub eine Eucharistiefeier in der Kathedrale von Durham besuchte, der eine Frau meines Alters und Phänotyps vorstand, und ich einen durch nichts vorher angekündigten kleinen Zusammenbruch hatte. Als sie predigte, mit Worten, die mir aus der Seele sprachen, ergriff mich urplötzlich ein praktisch unkontrollierbares Weinen. Mir wurde zum ersten Mal glasklar, dass ich meiner Berufung nie hatte völlig folgen können. Ich möchte heute sagen, dass diese Erkenntnis immer bei mir geblieben ist, (…) Dem Schmerz versuche ich demütig zu begegnen: Ich hoffe, gründend auf meine eigenen guten Erfahrungen in der Jugend, Beispielen aus der Kirchengeschichte und einem kindlichen Vertrauen auf den Heiligen Geist, dass es einen Weg in eine andere Zukunft geben wird, wenn auch nicht für mich.“ (40f.).

Dr. Ruth Fehling, eine verheiratete Pastoralreferentin mit drei erwachsenen Töchtern, die gern Priesterin geworden wäre, klagt: "Es ist immer ein Kompromiss, den mir die Kirche auferlegt. Das ist nett formuliert, theologisch würde ich sagen, die Kirche (also die entsprechenden männlichen Kleriker, die diesbezüglich die Entscheidungen treffen) versündigt sich an mir, an den anderen Frauen, die ebenfalls berufen sind, an den Menschen in unserer Kirche, und ja, auch an Gott.“ (62) Ähnlich sagt es die pensionierte Religionslehrerin Gertrud Jansen, die schon als Kind gern liturgische Aufgaben übernommen hätte und die sich seit Jahrzehnten nach dem Priestertum für sich sehnt: "Bis zu meinem letzten Atemzug werde ich mich weigern, daran zu glauben, dass Gott seine Berufung an männliche Chromosomen gebunden hat. Ich frage mich, was die Kirchenmänner wohl am Jüngsten Tag auf die Frage antworten werden, woher sie das Recht nehmen, Gottes fortwirkendes Handeln in seiner Kirche durch Missachtung so vieler Berufungen zu verhindern." (118)

Sandra Bonenkamp, eine 46-jährige Gemeindereferentin aus dem Bistum Fulda, charakterisiert sich selbst und ihre Arbeit mit folgenden Worten: "Ich habe nie gesagt, dass ich gern Priesterin wäre oder Diakonin, merke aber deutlich, wie oft mich meine Möglichkeiten begrenzen. Wie gern würde ich Sakramente spenden können. Wenn in einem seelsorglichen Gespräch ganz klar das Bereuen und Bekennen von Fehlern zur Sprache kommt, würde ich sehr gern die Lossprechung zusagen können. So kann ich 'wenigstens' sagen, dass ich sicher bin, dass Gott verzeiht, aber ich kann – als Frau – den Schatz der Kirche nicht ganz nutzen. Auch die Eucharistie würde ich gern feiern können. Ich bereite Wort-Gottes-Feiern, auch am Sonntag, vor, darf vom reichen Schatz der Frohen Botschaft erzählen, aber die Eucharistie darf ich nicht feiern, weil ich Frau bin. Ähnlich geht es mir mit der Taufe, wo ich immer wieder in die Vorbereitung involviert bin, oder bei der Krankensalbung. Den ganzen Schatz darf ich als Frau nicht weiterschenken. Das finde ich sehr schade und das würde ich gern ändern, wenn es möglich wäre." (46f.)

Höchst eindrucksvoll und alltagsnah berichtet eine Frau, die ihre Identität nicht preisgibt und die ihr Lebtag gern Priesterin geworden wäre, vom Sterben einer 90-jährigen Frau, die sie 20 Jahre lang begleitet hatte: "Kurz vor ihrem Tod nahm die alte Dame meine Hand, sah mich liebevoll an und sagte: 'Sie werden nie Priesterin werden – und doch sind es für mich immer gewesen.' Diesen Satz trage ich wie einen kostbaren Schatz in mir. Gott ruft mich bis heute. Er weiß, dass ich seinem Ruf nicht anders folgen konnte. Er weiß aber auch, dass ich heute immer noch 'Ja' dazu sage." (161)

Ein letztes Glaubenszeugnis stammt von der Ingenieurin und Politikberaterin Uta Maria Pfeiffer. Als Mutter von drei zwei erwachsenen Söhnen bringt sie bis heute ihre "Leidenschaft für Glaubensverkündigung und Liturgie" ehrenamtlich in ihre Kirchengemeinde ein – im tief gehegten Vertrauen darauf, dass Gott sie zur Priesterin berufen hat: "Meine Gefühle schwanken zwischen Hass auf die Institution Kirche, Verzweiflung und Resignation, weil ich meine Berufung als Priesterin nicht leben darf. Der schönste Tag meines Lebens wäre es, wenn ich zur Priesterin geweiht würde. Ich weiß nicht, ob Gott genau das mit mir vorhat, aber es deutet alles darauf hin, und mein Herz sagt es mir schon sehr lange." (183)

Ein tiefer Glaube

All die hier beispielhaft vorgetragenen Frauenstimmen eint ein tiefer Glaube an Christus, aber auch ihr Ringen mit der Männerkirche. Manche von ihnen sind traurig, weil ihr Lebenstraum vom Diakoninnen- oder Priesterinnen-Dasein geplatzt ist. Sie kämpfen mit ihrer Resignation und Desillusionierung. Andere Zeugnisse durchzieht ein Optimismus, der ohne das Gottvertrauen auf die eigene Berufung nicht vorstellbar ist.

"Du bist ein Wunsch Gottes, den er sich selbst erfüllt." Ganz offensichtlich wünscht sich Gott auch Diakoninnen und Priesterinnen. Sonst gäbe es die vorgetragenen Zeugnisse ja nicht. – Auch in unserer Gemeinde wünschen sich Menschen, dass alle – Frauen und Männer – teilhaben am Sendungsauftrag Christi und dass sie die Gestaltungsspielräume miteinander teilen. Und dafür – das ist jedenfalls meine Überzeugung – müssen auch die Ämter grundsätzlich allen Menschen offenstehen. Unsere vielfältigen Begabungen – egal ob von Frauen oder von Männern – sind ein gottgeschenkter Schatz, der uns locken sollte, das Leben miteinander noch bunter und noch lebendiger zu gestalten – Gott und uns allen zur Freude. Lassen Sie uns mit diesem Selbstbewusstsein und in dieser Sehnsucht, dass diese 'bunte Gnade' zur Wirkung kommt, jetzt auch geschwisterlich miteinander Eucharistie feiern!

Prof. Dr. Dr. Hubertus Lutterbach

Zum Autor: Hubertus Lutterbach ist Theologe, Historiker und Priester. Er lehrt als Professor für Christentums- und Kulturgeschichte an der Universität Duisburg-Essen.


Quelle:
DR
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