Der Glaube braucht nach den Worten des Berliner Erzbischofs Heiner Koch angesichts der zunehmenden Säkularisierung Begegnung und Erfahrungsräume. Gott müsse "ent-deckt" werden können, sagte Koch am Mittwoch in München zum Auftakt des 23. Internationalen Kongresses Renovabis.
Das bis Donnerstag dauernde Treffen des katholischen Osteuropahilfswerks steht unter dem Motto "Kirche in der Großstadt. Herausforderungen für die Pastoral in Ost und West". Darüber tauschen sich rund 200 Teilnehmer aus gut 30 Ländern aus.
Geprägt durch Traditionsverlust
Kirche in Berlin sei geprägt durch Traditionsverlust, persönliche Glaubensüberzeugungen würden weithin verschwiegen, sagte der Erzbischof, der auch Vorsitzender des Renovabis-Aktionsrates ist. Religion werde als Privatsache erlebt und aus dem gesellschaftlichen Raum herausgehalten.
Dennoch sei Gott da. Immer wieder lasse sich erleben, "wie überraschend der Glaube auch in angeblich Ungläubigen in dieser Stadt auftaucht und wie Christen von ihnen und mit ihnen sehr viel lernen können über Gott".
Christsein sei nichts Selbstverständliches
Angesichts dieser Situation plädierte der Erzbischof für ein besonderes kirchliches Augenmerk auf diejenigen, die bereits als Christen auf dem Weg des Glaubens seien. Christsein sei nichts Selbstverständliches. "Und es ist schon viel, wenn die bleiben, die schon da sind." Zudem brauche es eine "offene Gemeinde", einladend für Menschen, die nicht glaubten und nicht ihre Sprache sprächen, forderte Koch.
Notwendig seien auch Persönlichkeiten, die in Erinnerung blieben, und Repräsentanten, die zu ihrem Glauben stünden, erklärte der Erzbischof. Die Gemeinden müssten missionarisch werden. Genauso wichtig seien christliche Einrichtungen. Laut Koch ist der Andrang auf die 28 katholischen Schulen in der Hauptstadt ungebrochen.
Kongress wird zur Entdeckungsreise
Der Hauptgeschäftsführer von Renovabis, Christian Hartl, zeigte sich überzeugt, dass der internationale Austausch auf dem Kongress auch dieses Jahr wieder zu einer Entdeckungsreise werde. Städte seien ein "ausgezeichnetes Laboratorium der Evangelisierung", wie Papst Franziskus gesagt habe. In der Stadt könne ausprobiert werden, was in der Pastoral generell zukunftsträchtig erscheinen könne.
Der Pilsener Bischof Tomas Holub plädierte dafür, mehr Christus als Person zu verkünden als die Kirche mit ihrer Struktur. Ein solcher Zugang ermögliche Zusammenarbeit und aktive Präsenz, wo es um den Menschen und das Gute gehe. Es brauche mehr Fantasie, um die Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit zu erreichen. Was Priester einst im Seminar gelernt hätten, reiche dafür nicht aus.
Für eine "offene Diskussion"
Der Kardinal von Chicago, Blase Cupich, sieht den katholischen Glauben herausgefordert durch ein sich veränderndes Familienbild, eine wachsende Polarisierung sowie durch den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche.
Er plädierte für eine "offene Diskussion" über alles, um die Menschen auch "mitnehmen" zu können. Dabei verwies er auf die von Papst Franziskus angesprochene Synodalität, die aus der frühen Tradition der Kirche heraus wiederentdeckt werden sollte.