Die Widerstandskämpferin Cato Bontjes van Beek

Ein zeitloses Vorbild

Die Widerstandskämpferin Cato Bontjes van Beek war tief von Menschlichkeit und Glaube geprägt. Am Wochenende wäre sie 100 Jahre alt geworden. Der Komponist Helge Burggrabe hat zum Gedenken Texte von Cato vertont.

Flugblätter / © Barbara Just (KNA)
Flugblätter / © Barbara Just ( KNA )

DOMRADIO.DE: Sie vertonten Texte von Cato und auch Bibelzitate, die ihr wichtig waren. Was fasziniert Sie ganz persönlich an ihr?

Helge Burggrabe (Komponist): Jeder kennt Sophie Scholl als Widerstandskämpferin und natürlich noch andere, die im Widerstand aktiv waren. Aber Cato Bontjes van Beek kam bis 1990 fast gar nicht vor, weil sie sozusagen einem kommunistischen Widerstand zugeordnet war. Wenn man jedoch ihre Briefe durchliest, merkt man, dass sie von einer tiefen Menschlichkeit geprägt und auch im Glauben gegründet war. Die Bibel bedeutete ihr ganz viel, vor allem zuletzt in ihrer Gefängniszeit.

DOMRADIO.DE: Texte auf Englisch, auf Latein und auf Deutsch haben Sie vertont, zum Beispiel "I am The Daughter". Was hat Sie zu dieser Musik inspiriert?

Burggrabe: Wenn man sich diesen Text anschaut, dann ist es ein kraftvolles Plädoyer. Ich bin die Tochter der Elemente. Das war ein Gedicht, das sie in ihrer Jugendzeit in ihrem Tagebuch hatte und das ihr anscheinend viel bedeutete. Ich dachte mir, das möchte ich unbedingt vertonen, damit auch klar wird, dass sie eine enorme Lebendigkeit und Wachheit hat. Sie hatte eine große Neugierde gegenüber dem Leben und ich glaube, das hat sie geprägt und getragen, vor allem auch, als sie für zehn Monate im Gefängnis war.

DOMRADIO.DE: Die christliche Religion war ihr sehr wichtig. Warum, glauben Sie, hat sie sich trotzdem der Gefahr der Nazis entgegengestellt?

Burggrabe: Ich würde sagen, vielleicht weil sie von einem Gerechtigkeitsempfinden, wie es in der Bibel gesagt wird, geprägt war. Die Bibel selbst bedeutet ihr ganz viel. Dieser Satz, der im Totenbuch steht: "Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus". Dieses Johannes-Wort war eines ihrer Lieblingsworte. Das bringt eigentlich ihre Lebenseinstellung auf den Punkt. Der Tod hat nicht das letzte Wort, sondern das letzte Wort hat die Liebe und die Hingabe ins Leben an sich.

DOMRADIO.DE: Im Gegensatz zu Cato ist zum Beispiel Sophie Scholl und die Widerstandsgruppe "Weiße Rose" heute sehr bekannt. Die sogenannte "Rote Kapelle", der sich Cato anschloss, ist heute eher vergessen. Warum, glauben Sie, ist das so?

Burggrabe: Weil das eine kommunistische Widerstandsgruppe war, wobei diese Bezeichnung eine Bezeichnung der Nazis ist. Es wurde ihnen in der Nachkriegszeit in Westdeutschland vorgeworfen, sie wären Verräter und mit der Sowjetunion verbunden gewesen. Historiker haben vor allem nach 1990 bewiesen, dass das nicht stimmt. Natürlich waren einige kommunistisch geprägt, aber Cato hat selbst gesagt: "Ich bin eigentlich gar kein politischer Mensch. Ich möchte nur eines sein: ein Mensch." Sie war geprägt von einer ganz tiefen Menschlichkeit. Und deswegen ist sie auch heute ein zeitloses Vorbild.

Das Interview führte Michelle Olion.


Quelle:
DR