200. Geburtstag des "Wasserdoktors" Sebastian Kneipp

Wie ein Priester zum Guru ganzheitlicher Gesundheitspflege wurde

Um 1900 war er einer der bekanntesten Europäer: Sebastian Kneipp. Berühmt wurde der Pfarrer mit seiner Wassertherapie. Heute zählt das Kneippen zum immateriellen Kulturerbe Deutschlands. Anfangs fand das nicht jeder gut.

Autor/in:
Christopher Beschnitt
Statue von Sebastian Kneipp am 15. März 2021 in Bad Wörishofen / © Christopher Beschnitt (KNA)
Statue von Sebastian Kneipp am 15. März 2021 in Bad Wörishofen / © Christopher Beschnitt ( KNA )

Wessen Name zum eigenen Verb wird, der hat es geschafft. So wie der für seine Wasserkuren berühmte Sebastian Kneipp: Das von ihm abgeleitete Kneippen wurde 1934 in den Duden aufgenommen. Kneipp war da schon lange tot. Doch hinterlassen hat er sozusagen ein Überlebenswerk. Bis heute bewegt es Millionen - Menschen wie Summen. Das war Kneipp nicht gerade in die Wiege gelegt.

Zur Welt kam Kneipp am 17. Mai 1821 in Stephansried bei Ottobeuren im Unterallgäu. Er wurde in eine arme Weberfamilie geboren und musste schon als Kind viel arbeiten. So gelangte er erst über Umwege und spät, in seinen Zwanzigern, ans Gymnasium und zum Theologiestudium in Dillingen an der Donau und München.

Selbsttests mit Kalte-Bäder-Therapie

Die Ärzte sollen ihn zu dieser Zeit schon aufgegeben haben. Der Grund: Tuberkulose. Doch dann fiel Kneipp ein Buch in die Hände, das ihn gerettet und sein weiteres Leben bestimmt haben soll: "Unterricht von Krafft und Würckung des frischen Wassers in die Leiber der Menschen" von Johann Siegemund Hahn (1696-1773). Kneipp testete dessen Kalte-Bäder-Therapie erfolgreich an sich selbst, verfeinerte sie und wandte sie dann auch an anderen an. Er erhielt umso mehr Zulauf, nachdem er 1852 zum katholischen Priester geweiht worden war.

Das rief Neider auf den Plan: Ärzte und Apotheker schimpften ihn einen Quacksalber, später sollte es sogar noch Brandstiftungen an seinen Wirkungsorten geben. Des "Wasserdoktors" Karriere tat das keinen Abbruch. 1855 kam der Geistliche nach Wörishofen, einem Flecken nahe seinem Heimatdorf. Dort wurde er Beichtvater der Dominikanerinnen (und später Pfarrer) und entwickelte die Hydrotherapie zu einer ganzheitlichen Naturheilkunde mit fünf Wirkprinzipien weiter.

Kostenlose Behandlung für die Armen

Zur Heilkraft des Wassers kamen Heilpflanzenanwendungen, gesunde Ernährung, Bewegung und Ordnung - also Ausgeglichenheit der Seele - hinzu. Kneipps Credo in Anbetracht des Fortschritts klingt noch heute aktuell: "Nicht etwa, dass die Errungenschaften unserer Zeit wieder geopfert werden müssten, aber es muss ein Ausgleich gefunden werden, um die überanstrengten Nerven zu stärken, ihre Kraft zu erhalten."

Als erstes Ziel von Wassergüssen oder Kräutergaben via Tee und Tinktur erkor Kneipp sodann die Prävention. Aber auch Schmerzlinderung und Heilung versprach er durch sein Konzept, was heute zumindest teilweise als erwiesen gilt. So ließen sich Granden wie Erzherzog Joseph von Österreich und Papst Leo XIII. für das Kneippen begeistern. Ein reines Luxusprogramm wurde es jedoch nie - Arme behandelte Kneipp gratis.

Wörishofen: Die "Gesundheitsstadt" hat viele Kurbetriebe

In Wörishofen löste sein Wirken einen Massenansturm aus. Das Dorf bekam einen Bahnanschluss und gedieh zu einem Kurstädtchen. Dessen Ausbau förderte Kneipp mit der Stiftung mehrerer Sozialeinrichtungen aus seinen beträchtlichen Einnahmen, etwa aus Verkäufen seiner Bücher. Sowohl Kneipp als auch der Ort ernteten in der Folge Ehrungen: Der Geistliche erhielt die Titel Päpstlicher Geheimkämmerer und Komtur des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem, Wörishofen den Beinamen Bad. Ebendort starb Kneipp schließlich am 17. Juni 1897 im Alter von 76 Jahren.

Sein Name sichert der "Gesundheitsstadt", wie Wörishofen heute für sich wirbt, nach wie vor das Auskommen. Zum Jahresbeginn gab es dort 116 Übernachtungs- und Kurbetriebe. 654.099 Übernachtungen zählte man 2019. Einer Studie von 2015 zufolge basieren über 2.000 von geschätzt 5.000 Primäreinkommen auf dem Tourismus. Kasse mit Kneipp macht auch das gleichnamige Unternehmen aus Würzburg. Der Hersteller von Körperpflegeprodukten nennt keine aktuellen Umsätze, für 2010 findet sich aber die Angabe 102 Millionen Euro.

Das Festjahr 

Nicht mit Millionen, aber doch sehr vielen Veranstaltungen will Bad Wörishofen seinen berühmten Bürger nun zu dessen 200. Geburtstag würdigen. Angedacht sind etwa Ausstellungen, Vorträge und Konzerte. Auch Festgottesdienste sind terminiert, darunter am 16. Mai einer mit Augsburgs Bischof Bertram Meier. Freilich stehen die Pläne unter Corona-Vorbehalt. Denn so sehr das Kneippen das Immunsystem stärken mag - ein sicherer Virenschutz ist es nicht.


Quelle:
KNA
Mehr zum Thema