Stellen wir uns einmal vor, der Gottes- und Menschensohn würde in diesen Tagen in Fulda zurück auf die Erde kommen. Jesus würde die Kirchenkapitäne von heute, die in der Bischofsstadt den Weg aus der selbstverschuldeten Vertrauenskrise suchen, auffordern, die Leinen loszumachen und noch einmal hinaus zu segeln. Hinaus auf das unruhige, offene Meer, um Menschen zu fischen. "Ach Meister", würden die einen Hirten sagen, "verschone uns. Wir haben wirklich alles versucht, das bringt doch nichts!" "Meister", würden andere sagen, "wir müssen erst in Rom nachfragen – immerhin segeln wir mit unserem Kirchenschiff unter der Flagge der Weltkirche! Du weißt, das könnte Ärger geben, wenn wir hier und heute alleinverantwortlich aufbrechen." "Aber ihr wollt doch Menschenfischer sein, also auf jetzt, Leinen los und mutig voraus!", würde Jesus dann vermutlich ungeduldig ausrufen. Denn Jesus war, nach allem was wir wissen, kein Mann, der es stundenlang in durchgesessenen Konferenzstühlen ausgehalten hätte. Fünfseitige Papiere, in denen der Apostolische Nuntius gleich zu Beginn der Konferenz den deutschen Bischöfen erklärte, dass ihre Aufgabe primär die Evangelisierung sei, musste der Menschensohn Gott sei Dank auch nicht lesen. Das war wirklich und wahrhaftig schwerverdaulicher bischöflicher Lesestoff – und so, also ob man einem Fischer auf fünf Seiten erklären würde, dass es zum Fischen Netze braucht. Nein, Bischof im Hier und Heute zu sein, ist in diesen Tagen wahrlich kein Vergnügen: Während draußen die engagierten katholischen Frauen und die Jugendverbände endlich einen mutigen Aufbruch und dringend notwendige Veränderungen fordern, analysieren hinter verschlossen Türen andere besorgte Stimmen, dass Strukturdebatten und Reformen wirklich das letzte sind, was man jetzt benötige.
Am Ende haben die Bischöfe diese Woche ihrem Herrn und Meister dann aber doch versprochen, dass sie sich auf den Weg machen wollen. Zwei lange Jahre soll dieser synodale Weg dauern. Nach mutigen Menschenfischern, die im Vertrauen auf Gott die Leinen lösen und neu durchstarten, klang das leider aber alles nicht. Ob der ungeduldige Jesus nach seinem Besuch in Fulda die Augen zum Himmel erhoben hat, um das Erbarmen herabzuflehen, wissen wir nicht. Aber auf Gottes grenzenlose Barmherzigkeit dürfen ja nicht nur katholische Bischöfe vertrauen.
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Ingo Brüggenjürgen
Chefredakteur