Das Jahr 1724 gilt als Bachs produktivstes Kantatenjahr überhaupt und es stand ganz unter dem Vorzeichen dieses einzigartigen Großprojekts. Besonders auffallend ist das Bestreben von Bach, die Eingangssätze je nach einem verschiedenen Satzprinzip zu gestalten. So ist der Eingangssatz der heutigen Kantate, BWV 20: "O Ewigkeit, o Donnerwort"", als französische Ouvertüre gestaltet.
Der Textdichter, dessen Namen wir nicht kennen, legt seiner Dichtung das zur damaligen Zeit sehr bekannte Kirchenlied von Johann Rist zugrunde, das sich zur Interpretation des Evangeliums anbietet. Denn da wird heute vom reichen Mann und dem armen Lazarus berichtet. Der Reiche Mann, der nach seinem Tod in die Unterwelt kommt und Vater Abraham bittet, Lazarus möge doch seine noch lebenden Verwandten warnen und zu einem besseren Leben ermahnen, damit sie nicht auch in der Unterwelt landen. Die Antwort des Abraham: "Wenn Sie auf Mose und die Propheten nicht hören, werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn einer von den Toten aufersteht."
Bach bindet die Musik sehr an den Wortlaut des Textes, das heißt: Er versucht die Worte sinnfällig musikalisch auszudeuten. Ist von der "Ewigkeit" die Rede, verwendet Bach lange Notenwerte in den Unterstimmen des Chores und in den Streichern. Ist vom "Donnerwort" die Rede werden die Notenwerte auf einmal kurz. Die "Traurigkeit" wird durch eine in Halbton-Schritten absteigende Melodielinie dargestellt. Das "Erschrecken" stellen pausendurchbrochene, zuckende Rhythmen dar. Zunächst im Orchester, dann auch im vokalen Unterstimmensatz.
Kräftige Trompetensignale charakterisieren die Worte "Wacht auf" des achten Satzes und lenken die Gedanken zugleich auf die Posaune des Jüngstens Gerichts.
Wiener Sängerknaben, Concentus musicus Wien, Leitung: Niokolaus Harnoncourt.
Quelle/ Literatur: Alfred Dürr: Die Kantaten Johann Sebastian Bachs. Bärenreiter, 1995
1. Sonntag n. Trinitatis, BWV 20
Bachkantate am 06. Juni 2010
Mit der Komposition für den heutigen 1. Sonntag nach Trinitatis eröffnete Bach am 11. Juni 1724 den Jahrgang der Choralkantaten. Das heißt: Bach beginnt damit, seinen Kantaten die Texte und Melodien ausgewählter Kirchenlieder zugrunde zu legen. Um den formalen Kriterien der Kantate zu genügen, konnten die unveränderten Texte jeweils nur dem Eingangs- und Schlusschor dienen. Die mittleren Strophen mussten hingegen so umgedichtet werden, dass sie die metrischen Bedingungen von Rezitativ und Arie erfüllten.
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