Neu denken, nah dran, niveauvoll diskutieren, neugierig dabei – das alles sind denkbare Assoziationen zu den beiden Großbuchstaben ND, mit denen der katholische Bildungsverband ND "Christsein.Heute" sein Selbstverständnis definiert. Ehemals als "Bund Neudeutschland" und Verband der katholischen Jugendbewegung nach dem Ersten Weltkrieg gegründet, ist der ND heute ein offenes Netzwerk von rund 4.000 engagierten Christinnen und Christen, die kritisch-intellektuell, aber auch durchaus kreativ ihre Stimme in Kirche und Gesellschaft erheben und angesichts der aktuellen Herausforderungen ihren Beitrag zu einem verantwortungsvollen und lösungsorientierten Diskurs leisten.
Ziel ist es, Glaube und Leben, Kirche und Welt zusammenzubringen und zeitgemäße Antworten auf die gegenwärtigen Fragestellungen beispielsweise bei den Themen Familie und Klimawandel, Neurowissenschaften und Mystik, Globalisierung und Sterbehilfe oder Demokratie und Digitalisierung zu finden.
Namhafte Professoren zählen zu den Gastrednern
"Christsein.Heute" lautet daher auch das programmatische Motto des Kongresses, mit dem der ND in dieser Woche sein 100-jähriges Bestehen in Köln feiert und zu dem sich bereits rund 900 Teilnehmerinnen und Teilnehmer – "Bundesgeschwister", wie der ND seine Mitglieder nennt – aus ganz Deutschland angesagt haben.
Zu den Referenten dieser Tagung in der Rheinmetropole, wo 1919 der Grundstein für den ND gelegt wurde, zählen unter anderem der Jesuitenpater Klaus Mertes, Professor Holger Zaborowski aus Vallendar, der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Professor Thomas Sternberg, der CDU-Politiker Professor Bernhard Vogel, Professor Uwe Schneidewind vom Wuppertal-Institut, der Sozialethiker Professor Dietmar Mieth, Professor Marianne Heimbach-Steins, Leiterin des Instituts für Christliche Sozialwissenschaften in Münster, Professor Ottmar Fuchs aus Tübingen, der Freiburger Moraltheologe Eberhard Schockenhoff und Professor Klaus Töpfer, ehemaliger Umweltminister der Regierung Kohl.
Den Festgottesdienst im Kölner Dom am Nachmittag des 26. April feiert Walter Kardinal Kasper, selbst Mitglied des ND. Zahlreiche Arbeitskreise, Podiumsgespräche, eine Firmfeier für ND-Jugendliche mit Weihbischof Ansgar Puff und ein Festakt im Gürzenich am Freitagabend zum feierlichen Ausklang des Treffens ergänzen das Programm. Erlebbar werden soll in diesen Tagen der ND als generationsübergreifende, lebendige Gemeinschaft von Christinnen und Christen; als ein Bund, der auch in den nächsten Jahrzehnten Menschen zusammenführt und begeistert.
Ein junger Verband mit kritischen Köpfen
"Ein solches Jubiläum, das wir in großer Dankbarkeit und mit Würdigung unserer wechselhaften Geschichte unter immer neuen politischen Vorzeichen begehen, ist vor allem auch Anlass, nach vorne zu schauen", betont die Leiterin des ND, Dr. Claudia Lücking-Michel. "Trotz unseres 100. Geburtstages sind wir ein junger Verband, in dem kritische Köpfe gerade auch aus der jungen Generation konstruktiv die gesellschaftlichen und kirchlichen Veränderungsprozesse begleiten. Wir sind im Dialog miteinander über die großen Lebensfragen. Zudem bieten wir in einer Zeit des Wandels ein Forum zum Andocken, Auftanken und Austauschen. Im ND begleiten sich Menschen gegenseitig auf der Suche nach Gott und unterstützen sich dabei, ihren Glauben heute zu leben."
Eine Reflektion darüber finde stets auf hohem Niveau statt, so die Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe (AGEH) und Vizepräsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK). "Es geht darum, gute, lebenswerte und lebensförderliche Antworten zu geben – und das angesichts des aktuellen Vertrauensverlustes unserer Kirche und des Umgangs mit Finanzskandalen in den Diözesen, dem weltweiten Missbrauch, der Homophobie und der Frauenfeindlichkeit in der Kirche."
Schon immer mutig vorangegangen
Die Mitglieder des ND litten am schlechten Image und der mangelnden Akzeptanz der katholischen Kirche, denn diese sei der Lebensraum des ND, unterstreicht Lücking-Michel unmissverständlich. Schon in der Vergangenheit habe der ND aus eigener Überzeugung gehandelt und sei dabei mutig vorangeschritten – ohne immer auf die Initiative oder Zustimmung der Amtskirche zu warten. "Das sollte auch heute unsere Antwort sein", fordert die ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete.
"Wenn sich die Kirche selbst marginalisiert und unter Pfarrgemeinden nur noch Verwaltungseinheiten versteht, deren rasant zunehmende Größe sich an der ebenso rasant abnehmenden Zahl der Priester orientiert, dann kann unser Bund für sozial-pastorale Nahräume sorgen, die auf gelebter Nähe aufbauen: mit einer lebendigen Liturgie und mit einer engagierten und überzeugenden Sakramentenpastoral, ausgerichtet auf das Leben der Menschen." Und die ND-Bundesleiterin erklärt selbstbewusst: "Wir sind Kirche! Wir lassen uns unser Kirche-Sein von niemandem absprechen, aber wir leben im Raum des Möglichen und nicht nur des Erlaubten. Wir sind bereit, unsere Verantwortung im Vertrauen auf Christus hier und heute wahrzunehmen."
Das Kongressprogramm ist hier einsehbar.