200.000 halten im Circo massimo Gebetswache für Johannes Paul II

Schon zu Lebzeiten ein Heiliger

"Ich fühlte, dass sich etwas in mir verändert hatte, dass ich geheilt war." Ruhig, fast ein wenig schüchtern berichtet Marie Simon-Pierre Normand im Circo Massimo in Rom vor rund 200.000 Menschen von dem ganz und gar Außergewöhnlichen, ja Unerklärbaren, das ihr widerfahren ist: Es war in der Nacht vom 2. auf den 3. Juni 2005 als die heute 50 Jahre alte französische Ordensfrau der "Kleinen Schwestern der katholischen Mutterschaft" von ihrer Parkinson-Erkrankung geheilt wurde.

Autor/in:
Thomas Jansen und Agathe Lukassek
 (DR)

Die vatikanische Heiligsprechungskongregation erkannte die Gesundung als das für die Seligsprechung von Johannes Paul II. auf dessen Fürsprache hin gewirkte Wunder an. Der Auftritt der Ordensschwester ist einer der Höhepunkte der Gebetswache auf dem Gelände des Circo Massimo am Samstagabend, die den Auftakt zu den Feierlichkeiten zur Seligsprechung von Papst Johannes Paul II. bildet.



Für Kasia Balachowska erfüllt sich an diesem Abend ein langgehegter Wunsch. Zur Beisetzung des polnischen Papstes vor sechs Jahren habe sie aus beruflichen Gründen nicht kommen konnte, erzählt die Frau aus Danzig. Die Seligsprechung wollte sie sich auf keinen Fall entgehen lassen. Dafür nimmt sie einige Strapazen in Kauf: Die Nacht verbringt die Pilgergruppe ihrer Gemeinde mit Iso-Matte und Schlafsack vor dem Petersplatz. Und auch nach der Messe am Sonntagvormittag bleibt keine Zeit zur Erholung, denn es geht sofort per Bus in die Heimat zurück. Die polnischen Pilger stellen eines der größten Kontingente auf dem Circo Massimo. Als zu Beginn der Gebetswache ein Video von Johannes Paul II. eingespielt wird, in dem er polnisch spricht, verwandelt sich der Platz in ein weiß-rotes Fahnenmeer.



Auch zwei enge Weggefährten von Johannes Paul II. kommen während der Gebetswache zu Wort: Sein Privatsekretär Kardinal Stanislaw Dziwisz und der frühere Vatikansprecher Joaquin Navarro-Valls. "Wenn er heute seliggesprochen wird, dann deshalb, weil er schon zu Lebzeiten ein Heiliger war", sagte Dziwisz, der den neuen Seligen 40 Jahre lang als engster Mitarbeiter begleitete. Der Kardinal spricht Theresia Regnat aus dem Herzen. "Für mich war er schon immer ein großes Vorbild, unabhängig davon, ob er selig- oder heiliggesprochen wird", sagt die Deutsche aus der Nähe von Nürnberg. Vor allem sein Umgang mit den Jugendlichen habe sie tief beeindruckt. Seine Faszination auf junge Menschen habe sie am Beispiel ihrer Tochter erlebt, die im Jahr 2000 am Weltjugendtag in Rom teilgenommen habe.



Auf dem antiken Gelände wird es ganz ruhig, als die Zeitzeugen von Johannes Paul II. erzählen. Viele Gläubige haben Tränen in den Augen, wenn sie sich selbst an "ihren Papst" erinnern. Wie die Polin Anka Chojna. "Er war ein Leben lang wie ein Vater für mich, der mich an der Hand gehalten hat", sagt die Mittvierzigerin bevor ihr die Stimme versagt. Sie und ihre Pilgergruppe aus Lodz beten nun für eine möglichst baldige Heiligsprechung.



Die Buddhistin Marina Oyama aus Tokio kann mit den Begriffen selig oder heilig nicht viel anfangen. Die 24-Jährige ist mit neun weiteren Japanern zu einem christlich-buddhistischen Jugendforum nach Italiengekommen und nimmt nun mit Katholiken der Fokolar-Bewegung an der Gebetswache teil. "Dieser Papst hat viel für den Dialog zwischen Religionen getan, hat den Respekt füreinander gefördert. Wenn es um Grundüberzeugungen geht, glauben wir alle dasselbe", meint sie.



Johannes Paul II. war nicht nur ein Mann des interreligiösen Dialogs, sondern auch ein Medienpapst und Weltreisender. So hätte es ihm bestimmt gefallen, dass es zum anschließenden Gebet des Lichtreichen Rosenkranzes eine Live-Schaltung in fünf große Marienheiligtümer in aller Welt gab. Zehntausende beteten diesen Rosenkranz, den Johannes Paul II. für die katholische Kirche eingeführt hatte, in Wallfahrtsorten in Polen, Tansania, Libanon, Mexiko und Portugal im zweiten Teil der Gebetswache mit. Zum Abschluss wird Benedikt XVI. live aus seinem Appartement im Vatikan in den Circo Massimo zugeschaltet und segnet die Pilger.