In 50 Jahren entstanden 32 Autobahnkirchen in Deutschland

Ausfahrt zu Gott

Es ist eine Erfolgsgeschichte: Vor 50 Jahren wurde an der A 8 Stuttgart-München an der Ausfahrt Adelsried die erste Autobahnkirche Deutschlands geweiht. Der Augsburger Papierfabrikant Georg Haindl hatte sich bei seinem Bischof Joseph Freundorfer für den Bau der Kirche stark gemacht - nicht zuletzt aus Dank für seine fünf gesunden Kinder. Bei einer Autobahnkirche ist es nicht geblieben: Heute laden in Deutschland 32 Kirchen und Kapellen zum Ausruhen vom Verkehrsstress ein.

Autor/in:
Martina Gnad
 (DR)

Seit fünf Jahren werben die «Rastplätze für die Seele» zudem mit einem bundesweiten «Tag der Autobahnkirchen» für ihre Anliegen, der diesmal am Sonntag begangen wird. Höhepunkt der Jubiläumsfeiern ist ein Fernsehgottesdienst im ZDF. Übertragen wird er aus der Mutter aller Autobahnkirchen, aus Adelsried.

Die Nachfrage scheint groß; allein in den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der Kirchen verdreifacht. Inzwischen gibt es 15 Kirchen in evangelischer, 11 in ökumenischer sowie 6 in katholischer Trägerschaft. Besucht wurden sie im vergangenen Jahr von mindestens einer Million Menschen. Den Rekord halten schon seit geraumer Zeit die Kirchen in Baden-Baden und Himmelkron mit rund 300.000 beziehungsweise 100.000 Besuchern im Jahr.

Über die Motivation der Besucher konnte man lange Zeit nur spekulieren. Die allgemeine Annahme lautete, dass es sich bei der Mehrzahl um «Sinnsuchende» handele, die der Kirche eher fern stünden. «Unsere Kirchen bieten kein Gemeindeleben - und das bedeutet keine Erwartungen und keine Verpflichtungen für den Einzelnen,» erklärt denn auch Günter Lehner, der Leiter der Akademie Bruderhilfe-Familienfürsorge, die koordinierend die Arbeit der Autobahnkirchen unterstützt.

Seit Anfang des Jahres gibt es aber neue Erkenntnisse. Professor Michael Ebertz vom Zentrum für kirchliche Sozialforschung (ZeKis) der Katholischen Fachhochschule Freiburg untersuchte die Besucherstruktur stichprobenhaft an 23 Autobahnkirchen - mit einem überraschenden Ergebnis. Der typische Besucher ist männlich, verheiratet, katholisch - und kirchlich sehr engagiert. 61 Prozent der Befragten gaben an, mindestens einmal pro Monat einen Gottesdienst zu besuchen. «Damit haben wir so etwas wie einen Mythos zerstört», sagt Ebertz.

Allerdings ist die Studie nicht repräsentativ. Wahrscheinlich ist die Motivation der Besucher so unterschiedlich wie die Autobahnkirchen selbst. Denn von der kleinen Kapelle bis zum riesigen modernen Glaskomplex ist alles vorhanden. Architektur, Lage und auch das Angebot variieren beträchtlich: von Beichtgelegenheit, Maiandachten bis hin zu Kunstausstellungen und Konzerten.

Dennoch: Gewisse einheitliche Kriterien müssen alle Autobahnkirchen erfüllen. So dürfen die Gotteshäuser nicht mehr als 1.000 Meter von einer Autobahn entfernt und müssen täglich mindestens von 8 Uhr bis 20 Uhr geöffnet sein. Finanziert werden die Kirchen meist über Spenden oder Privatinitiativen.

Bei solchen Öffnungszeiten können die Pfarrer nicht rund um die Uhr vor Ort sein, da sie die Kirchen meist neben ihrer Gemeinde betreuen. Deshalb liegen in allen Kirchen Anliegenbücher aus. Vom Gebet für Verstorbene, dem Wunsch nach Frieden auf der Welt, aber auch der konkreten Bitte um ein mildes Urteil in einem Gerichtsprozess finden sich die unterschiedlichsten Sorgen und Wünsche. Und sie werden auch gelesen, bestätigt Gunhild Stempel, die sich um die Kirche in Waidhaus kümmert: «Ich nehme immer einige Anliegen in die Fürbitten mit auf.» So finden die Besucher doch immer ein offenes Ohr - und neue Kraft für den Rest ihrer Reise.