8. September: Internationaler Tag der Alphabetisierung

"Schraip doch Mahl!"

Weltweit kann etwa jeder fünfte Erwachsene weder lesen noch schreiben. Besonders hoch ist die Zahl der Anaphabeten in Entwicklungsländern wie Angola. Experten schätzen, dass rund 60 Prozent der Angolaner Analphabeten sind, weil im Krieg ganze Generationen keine Schule besuchen konnten.

 (DR)

Weltweit kann etwa jeder fünfte Erwachsene weder lesen noch schreiben. Besonders hoch ist die Zahl der Anaphabeten in Entwicklungsländern wie Angola. Experten schätzen, dass rund 60 Prozent der Angolaner Analphabeten sind, weil im Krieg ganze Generationen keine Schule besuchen konnten. Und auch jetzt, vier Jahre nach dem Bürgerkrieg, gehört der Schul-Besuch für Kinder dort nicht zum Alltag. "Derzeit konzentriert sich die Regierung auf die Instandsetzung von Straßen und Krankenhäusern. Für das Bildungssystem bleibt kaum Geld übrig", sagt Hans-Jürgen Dörrich, Geschäftsführer von Don Bosco im domradio-Interview.

Bildung schützt vor Infektionskrankheiten
In Angola organisieren die Salesianer Don Boscos den Bau von Schulen und Demokratieunterricht.  In 13 Dörfern in der Provinz Kuanza Norte im Norden Angolas sind bereits 16 Grundschulen entstanden und 25 zerstörte Schulgebäude renoviert worden. Darüber hinaus wurden 120 Lehrer ausgebildet, die derzeit rund 800 Kinder unterrichten. In 42 Gemeinden laufen einjährige Alphabetisierungsprogramme für Kinder, die zu alt für die Grundschule sind. „Bildung ist wesentlich, um die Ressourcen des Landes zu nutzen," sagt Silvia Cromm, Projektleiterin der Hilfsorganisation Don Bosco Jugend Dritte Welt in Bonn. „Wer alphabetisiert ist, kann sich über neue Anbaumethoden sowie Angebot und Nachfrage informieren, seine Produkte vermarkten, Verträge schließen, Genossenschaften gründen. Bildung schützt auch vor Infektionskrankheiten wie Cholera.

Eigeninitiative gefragt
Ein Teil der Kinder, die eine Don Bosco-Grundschule absolviert haben, besuchen die weiter führenden Schulen bis zur Universität und finden Jobs in der Verwaltung. Sie können später dafür sorgen, dass die Bodenschätze Angolas wie Öl und Diamanten zum Vorteil des Landes und der Bevölkerung eingesetzt werden. Dies sei aber noch Zukunftsmusik, so Cromm. Zunächst müsse mit den elementaren Dingen begonnen werden - dem weiteren Bau von Grundschulen.  

Bei den Hilfsprojekten der Salesianer in der Provinz Kuanza Norte wird dabei Wert auf Eigeninitiative gelegt. „Die Dorfbewohner bauen unter Anleitung eines Architekten das Schulgebäude selbst, in der Regel ein  Zementhaus mit Wellblechdach. „Die Lehrer werden drei Jahre lang von den Salesianern bezahlt. Danach muss die Gemeinde die Schule selbst finanzieren." Um das nötige Einkommen zu schaffen, vergeben die Salesianer Mini-Kredite an die Familien, deren Kinder an den Alphabetisierungsprogrammen teilnehmen. Zum Beispiel 150 oder 200 Euro für die Eröffnung einer kleinen Schuhreparaturwerkstatt, für die Produktion von Seife oder Maniok-Mehl.

Auch Demokratie-Unterricht steht auf dem Stundenplan
Doch die Schüler in den Don Bosco-Schulen lernen nicht nur das ABC: Auf dem Programm stehen neben Gesundheitsaufklärung moralische Werte wie Respekt, Nächstenliebe, Vergebung sowie die Rechte und Pflichten von Bürgern in einer Demokratie. Pater Victor: „Die Menschen hier haben jahrzehntelang nichts als Krieg, Gewalt und Willkür kennen gelernt. Wenn sich die Situation in Angola langfristig verbessern soll, muss man der jungen Generation neue Ideale vermitteln. Und auch dafür ist Bildung Voraussetzung."
Die Vereinten Nationen haben von 2003 bis 2012 das Jahrzehnt der Alphabetisierung ausgerufen. Mit dem Alphabetisierungstag am 8. September soll auf das Phänomen besonders aufmerksam machen. (dr)