9. August: Todestag von Edith Stein

Bettenmachen für eine Heilige

Heiligen begegnet nicht jeder. Anna Maria Knörchen ist dies widerfahren: Sie hat Edith Stein, jüdische Gelehrte, Nonne, NS-Opfer und spätere Heilige, begleitet - und die Erinnerung bis zu ihrem Tod vor wenigen Tagen bewahrt.

Autor/in:
Sabine Kleyboldt
Statue der Ordensfrau Edith Stein von Künstler Paul Nagel (KNA)
Statue der Ordensfrau Edith Stein von Künstler Paul Nagel / ( KNA )

Auf zwei Kinder, vier Enkel, vier Urenkel und ein ganzes Jahrhundert hat es Anna Maria Knörchen gebracht. Und doch ist es die Begegnung mit einer einzigen Person, die ihr Leben besonders geprägt hat: Edith Stein, die jüdische Gelehrte und katholische Ordensfrau, die am 9. August 1942 in Auschwitz umgebracht und 1998 als Schwester Teresia Benedicta vom Kreuz heiliggesprochen wurde. Nun ist Anna Knörchen, eine der letzten Weggefährtinnen der außergewöhnlichen Frau, mit 100 Jahren in Wesseling bei Köln verstorben.

Kennengelernt hat sie die 1891 geborene Edith Stein im Karmel in Köln, wo «Anni» als Hauswirtschafterin arbeitete und wohnte. Stein, die aus einem jüdisch-orthodoxen Elternhaus stammte, hatte sich mit 30 Jahren taufen lassen und kam ab 1933 fast täglich ins Kloster zur Messe, wie Anna Knörchen noch wenige Wochen vor ihrem Tod berichtete. Die angehende Ordensfrau sei "tieffromm, gläubig und bescheiden" gewesen. Am 12. Oktober 1933 trat sie dann als Postulantin in den Karmel ein.

Knörchen war auch bei Selig- und Heiligsprechung dabei

Die promovierte Philosophin sei freundlich und hilfsbereit gewesen - auch zu der damals 18-jährigen Angestellten, erzählte die alte Dame, die zuletzt bei Tochter und Schwiegersohn in Wesseling lebte. "Sie konnte Reden halten!» Sogar im Speyerer Dom habe Stein Vorträge gehalten, so Knörchen bewundernd. Dennoch: "Ihr Bett hat sie schon mal selber gemacht, um mir Arbeit abzunehmen." Aufhebens um ihre Person mochte die Wissenschaftlerin gar nicht. "Sie ist so leise durchs Haus gehuscht, dass man es kaum bemerkt hat", erinnerte sich «Anni».

Am 15. April 1934 schließlich wurde Edith Stein feierlich eingekleidet und war damit offiziell Karmelitin. Auch bei dieser Zeremonie, einer Art Hochzeit mit Jesus, war Anna Knörchen dabei. Der Stoff für das "Brautkleid" stammte aus Steins Geburtsstadt Breslau. Niemand ahnte damals, dass daraus fünf Jahrzehnte später ein Messgewand für den Papst werden sollte: Dieses trug Johannes Paul II. bei Steins Seligsprechung am 1. Mai 1987 in Köln. Ja, auch hier war Anna Knörchen dabei, und sogar die Heiligsprechung der großen Gelehrten am 11. Oktober 1998 erlebte sie in Rom mit.

Gebürtige Jüdin war Nazis Dorn im Auge

Aber auch über die tragischen Umstände, die Steins Leben zu einem so schrecklichen Ende führen sollten, wusste Anna Knörchen zu berichten. Obwohl katholisch getauft und sogar Ordensfrau, war die gebürtige Jüdin den Nazis ein Dorn im Auge. Auch ihre Schwester Rosa hatte sich 1937 taufen lassen und lebte als Gast im Karmel. Spätestens seit den Novemberpogromen von 1938 war beiden klar, dass nicht nur sie, sondern auch die Mitschwestern durch ihre Anwesenheit in Gefahr waren.

So planten sie die Flucht. Silvester 1938 brachte ein Jesuitenpater die beiden Schwestern in den niederländischen Karmel nach Echt. Doch nach der deutschen Invasion der Niederlande 1940 waren sie auch dort nicht mehr sicher. Am 2. August 1942 schließlich wurden Edith und Rosa Stein von der Gestapo verhaftet und eine Woche später in Auschwitz ermordet.

Enge Verbundenheit zu Edith Stein – und zum Karmel

Bis zuletzt ging Anna Maria Knörchen das Schicksal der großen Edith Stein nahe. Mit ihrem Tod ist nun eine der letzten Weggefährtinnen der außergewöhnlichen Ordensfrau verstorben, so der Beauftragte für Selig- und Heiligsprechungsverfahren im Erzbistum Köln, Helmut Moll, der die alte Dame noch wenige Wochen vor ihrem Tod besuchte.

Dass sich Moll für die Erhebung Edith Steins zur Kirchenlehrerin einsetzt, fand auch Anna Knörchens Zustimmung. Nun erhält der Theologe Unterstützung vom langjährigen Provinzial der Karmeliten in München, Pater Ulrich Dobhan: Dieser wolle sein Anliegen im römischen Generalat von Edith Steins Orden vorbringen, so der Prälat.

Anna Maria Knörchen behielt auch als verheiratete Frau ihre enge Verbundenheit zum Karmel bei: Mit ihrer Tochter, die sie Maria Theresia genannt hat, fuhr sie alle paar Wochen zu Besuch nach Köln. Und besonders in Ehren gehalten hat sie immer ein ganz spezielles Namenstagsgeschenk, das sie am 26. Juli 1933 von Edith Stein bekam: das geistliche Werk "Nachfolge Christi" von Thomas von Kempen - mit persönlicher Widmung der späteren Heiligen.


Quelle:
KNA