Der Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, Christoph Heubner sagte, man verfolge mit "Abscheu und Entsetzen" die immer wieder neuen Versuche, antisemitische Hetze in der deutschen Gesellschaft zu platzieren. "Dass diese Artikel über Amazon vertrieben werden können, empfinden die Überlebenden als ehrlos und empörend. Offensichtlich mangelt es den Verantwortlichen bei Amazon nicht nur an Sensibilität sondern auch an historischem und politischem Bewusstsein."
"Völlig inakzeptable Situation"
Ähnlich hatte sich zuvor bereits der Zentralrat der Juden in Deutschland geäußert. "Wir erwarten von einem Unternehmen wie Amazon wie auch den zuständigen Behörden, dass sie solche Schriften eigenständig, aber zumindest auf Hinweis, auf ihre Rechtswidrigkeit prüfen, gegebenenfalls unverzüglich aus dem Verkehr ziehen und gegen die Urheber konsequent Strafanzeige stellen", sagte Zentralratspräsident Josef Schuster dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Gleiches gelte für die "völlig inakzeptable Situation, dass über Amazon T-Shirts und Aufkleber vertrieben werden, die NS-Größen oder rechtes Gedankengut verherrlichen oder den Hass auf Minderheiten schüren".
Auf der Drittanbieterplattform Amazon Marketplace sind laut Recherchen des Redaktionsnetzwerks zahlreiche T-Shirts mit Slogans wie "Auch ohne Sonne braun" oder "Nordische Wut kennt keine Gnade" erhältlich, außerdem als "wissenschaftliche Quellentexte" ausgewiesene Propagandaschriften mit Titeln wie "Der Jude als Weltparasit" oder "Judas: Der Weltfeind".
Verstoß gegen eigene Richtlinien
Betrieben werden die Shops den Angaben zufolge teilweise von Aktivisten der rechten Szene, darunter einem NPD-Gemeinderat aus Sachsen. Damit verstoße Amazon gegen seine eigenen Richtlinien für Marketplace-Händler. Darin heißt es ausdrücklich: "Verboten ist das Anbieten von Artikeln, die den Nationalsozialismus oder verfassungswidrige Organisationen verherrlichen, unterstützen, gutheißen oder verharmlosen."
Amazon trage "als eines der größten Unternehmen auf dem weltweiten Buch- und Onlinehandelsmarkt eine große moralische und gesellschaftliche Verantwortung", sagte Schuster. "Wer solche Waren auf dem Markt verbreitet, darf sich nicht darauf zurückziehen können, dass er lediglich 'Anbieter' ist und damit keine Verantwortung hat", sagte er.
Inzwischen teilte Amazon mit, dass man die Bedenken ernst nehme. "Wir distanzieren uns deutlich vom Nationalsozialismus und seiner Verherrlichung", sagte ein Sprecher. Man werde die Produktgruppen prüfen und sich in diesem Zusammenhang auch an den Zentralrat der Juden in Deutschland wenden. "Wir verfügen über klare Richtlinien und alle Amazon Verkäufer müssen sich an unsere Verkaufsbedingungen halten - erlangen wir Kenntnis über einen Verstoß, ergreifen wir entsprechende Maßnahmen, die die Schließung des Verkäufer-Kontos beinhalten können."