Abschiebeverbot für Flüchtlinge aus betroffenen Staaten gefordert

Ebola-Epidemie "weit unterschätzt"

Im Kampf gegen die Ebola-Epidemie in Westafrika sind noch kaum Erfolge in Sicht. Das tödliche Virus könnte sogar weiter verbreitet sein, als die Statistik aussagt. "Pro Asyl" fordert derweil, Abschiebungen in die betroffenen Länder auszusetzen.

Ebola-Opfer in Liberia (dpa)
Ebola-Opfer in Liberia / ( dpa )

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) will die Bekämpfung der Ebola-Epidemie in Westafrika massiv ausweiten. Bisher wurden 1.975 Erkrankte erfasst, darunter 1.069 Tote. Die bundesdeutsche Initiative "Pro Asyl" forderte am Freitag einen Abschiebestopp für Flüchtlinge aus den betroffenen Ländern Guinea, Liberia, Sierra Leone und Nigera. Die WHO schließt nicht aus, dass das tödliche Virus schlimmer grassiert als angenommen. Mitarbeiter in den Ebola-Gebieten hätten Hinweise darauf, dass das Ausmaß der Epidemie "weit unterschätzt" werde, hieß es.

Ebola-Gebiete abgeriegelt

Am Donnerstagabend wurde bekannt, das in Nigeria eine weitere Krankenschwester gestorben ist, die vierte Ebola-Tote im bevölkerungsreichsten Land Afrikas. In der Statistik ist sie noch nicht enthalten. In Tansania forderte die Regierung am Freitag das Boulevard-Blatt "Sani" auf, sich für eine offenbar falsche Geschichte über einen angeblich Ebola-kranken Jungen zu entschuldigen, wie die Zeitung "Daily News Online" berichtete.

Die USA holten die Angehörigen ihres diplomatischen Personals aus Sierra Leone zurück. Mehrere Fluglinien stellten ihre Verbindungen nach Liberia und Sierra Leone ein. Weil Ebola-Gebiete abgeriegelt sind und der Verkehr auch andernorts stark eingeschränkt wurde, droht eine Lebensmittelknappheit. Das UN-Welternährungsprogramm will eine Million Menschen mit Nahrungsmitteln versorgen. Der Allafrikanische Kirchenrat rief für den 24. August zu Fürbittgebeten für die Menschen in den Ebola-Gebieten auf.

Militärärzte in Krankenhäuser

Die Deutsche Welthungerhilfe weitet ihre Hilfen aus. In Sierra Leone dürften die Menschen in den Quaratänegebieten ihre Häuser 21 Tage nicht verlassen und könnten weder ihre Felder bestellen noch einkaufen, erklärte das Hilfswerk. Reis sei fast um 40 Prozent teurer geworden. Caritas international hat 110.000 Euro für Hygienemaßnahmen und Aufklärung in Liberia bereitgestellt. In Nigeria wird der Kampf gegen Ebola durch einen Streik des medizinischen Personals beeinträchtigt. Es wird erwogen, Militärärzte in Krankenhäusern einzusetzen, wie der britische Sender BBC berichtete.

Abschiebungen in Ebola-Länder weiter möglich

Während das Auswärtige Amt alle Deutschen zur Ausreise aus den Ebola-Ländern auffordert, ist die Abschiebung von Flüchtlingen in diese Staaten offenbar weiter möglich. Derzeit gibt es keinen Abschiebestopp für Sierra Leone, Liberia und Guinea, wie die zuständigen Landesbehörden von Berlin, Bayern und Niedersachsen dem Evangelischen Pressedienst (epd) mitteilten. Nach Angaben der Berliner Senatsinnenverwaltung sind Abschiebungen auch derzeit theoretisch möglich, solange es keine Regelung des Bundesinnenministeriums oder des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge gibt.

Lebensrettender Ermessensspielraum

Der stellvertretende "Pro Asyl"-Geschäftsführer Bernd Mesovic appellierte an die Innenminister der Länder, ein Abschiebeverbot zu verhängen. Sie könnten das in Eigenverantwortung für ein halbes Jahr durchsetzen, bevor eine Abstimmung mit dem Bundesinnenministerium nötig sei. Mesovic sieht vor allem für Nigerianer ein Risiko, abgeschoben zu werden. Für das Land gebe es derzeit keine Reisewarnung. Bei Sierra Leone, Liberia und Guinea würden Abschiebungen schon wegen fehlender Flugverbindungen schwierig.

Das Bundesinnenministerium verweist auf den Ermessensspielraum der Ausländerbehörden. Von einer Abschiebung sei abzusehen, wenn einem abgelehnten Asylbewerber eine extreme Gefährdung drohe oder er "sehenden Auges dem Tode ausgesetzt" würde. Nach offiziellen Angaben waren zum 31. Juli 306 Menschen aus Sierra Leone, 222 aus Liberia, 2.316 aus Nigeria und 1.045 aus Guinea ausreisepflichtig.


Quelle:
epd