Eine Sprecherin der Unionsfraktion bestätigte am Dienstag, der Gesetzentwurf zur Änderung arzneirechtlicher Vorschriften sei von der Tagesordnung für Donnerstagabend genommen worden. Als erstes hatte der Berliner "Tagesspiegel" (Dienstagsausgabe) unter Berufung auf den Unions-Fraktionsvorstand über die verschobene Abstimmung berichtet.
In dem Entwurf von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) ist vorgesehen, dass Arzneimitteltests künftig auch an Demenzkranken möglich sein sollen, wenn diese selbst keinen Nutzen davon haben.
ZdK: Wahrung der Menschenwürde
Voraussetzung soll sein, dass sie dies zuvor in einer Patientenverfügung ermöglicht haben. Dagegen protestieren die Kirchen und Behindertenverbände sowie ein Teil der Unionspolitiker. Dem Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, geht die Patientenverfügung nicht genug. "Für die Wahrung der Menschenwürde reicht es nicht aus, sich auf eine Patientenverfügung zu stützen, wenn sie nur das allgemeine Einverständnis zu klinischen Prüfungen enthält", sagte Sternberg.
Gröhe und Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) sowie die SPD-Gesundheitspolitikerin Hilde Mattheis verteidigen das Vorhaben hingegen. Gröhe plant, dass künftig Arzneimitteltests an Dementen oder Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen unter bestimmten Bedingungen auch dann möglich sein sollen, wenn sie selbst davon nicht mehr profitieren. Die Frage ist ethisch heikel - insbesondere vor dem Hintergrund medizinischer Versuche während der NS-Zeit. Einerseits ist klar, dass Medikamente auch für Kinder, Demenzkranke oder geistig Behinderte entwickelt werden müssen. Forschungsministerin Wanka argumentiert, für schwere Krankheiten wie die Demenz müssten wirksame Arzneimittel entwickelt werden können. "Personen in einem späten Zustand der Demenz reagieren anders auf Medikamente als Patienten, die noch in einem Frühstadium sind."
Die "Berliner Zeitung" hatte berichtet, Gröhe sei auf die Kritiker zugegangen mit dem Vorschlag, eine ärztliche Beratung beim Verfassen der Patientenverfügung vorzuschreiben. Offenbar reichte das nicht aus. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katja Dörner, erklärte, ethische Fragen dürften nicht im Schnellverfahren beantwortet werden. Die Grünen hatten eine Freigabe der Abstimmung gefordert wie sie bei medizinethischen Themen üblich ist. Auch in ihren Reihen gibt es zahlreiche Kritiker der geplanten Liberalisierung.