Das Landgericht Freiburg ordnete in seinem Urteil am Mittwoch zudem die Unterbringung des 42-jährigen Angeklagten in der Sicherungsverwahrung an. Zudem wurde er auf Antrag von zwei Nebenklägern zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 Euro beziehungsweise 8.000 Euro verurteilt. Die badische Landeskirche zeigte sich erschüttert über den Missbrauch.
Das Landgericht sah sexuellen Missbrauch von Kindern in 111 Fällen und schweren sexuellen Missbrauch von Kindern in 13 Fällen als erwiesen an, in einem dieser Fälle auch vorsätzliche Körperverletzung. Die Kammer kam zu der Überzeugung, dass der Mann von Frühjahr 2011 bis Sommer 2018 vier damals unter 14 Jahre alte Jungen sexuell missbraucht hat. Sie waren demnach zu den Tatzeiten 9 bis 13 Jahre alt.
Ehemals bei der evangelischen Kirchengemeinde angestellt
Von der Verfolgung weiterer mutmaßlicher Taten sei mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft abgesehen worden, so das Gericht. Die Anklage war ursprünglich von Missbrauch in 330 Fällen ausgegangen. Sie hatte achteinhalb Jahre Haft sowie Sicherungsverwahrung gefordert. Die Verteidigung hatte die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren beantragt.
Der Mann war nach einer Anzeige durch die Mutter eines betroffenen Kindes im Februar 2019 verhaftet worden und saß seitdem in Untersuchungshaft. Der 42-jährige war zwischen 2009 und 2013 bei der evangelischen Kirchengemeinde Staufen angestellt. Danach war er nicht mehr für Pfadfinder oder Kirche tätig. Laut Angaben der Polizei kam der Mann mit zweien der Opfer in seiner Funktion als Pfadfinderbetreuer in Kontakt. Die beiden anderen Kinder soll er laut Staatsanwaltschaft "im Freizeitbereich" kennengelernt haben.
In der Vergangenheit schonmal angeklagt
Die badische Landeskirche teilte mit, sie sei erschüttert über das Leid, das den jungen Menschen angetan worden sei. "Unser tiefes Mitgefühl gilt den Betroffenen und ihren Angehörigen", erklärte Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh. Er fügte hinzu: "Wir sind erschrocken über das jetzt bekannt gewordene Ausmaß der Taten."
Der jetzt verurteilte Angeklagte war den Angaben zufolge 2003 schon einmal des Missbrauches beschuldigt worden. Damals habe sich das zuständige Gericht aber nicht von der Schuld des Angeklagten überzeugen können, so die Landeskirche. Aus Mangel an Beweisen sei er in einem Berufungsverfahren freigesprochen worden. Nach seinem Freispruch 2007 sei er ohne Auflagen wieder als ehrenamtlicher Betreuer bei der örtlichen Pfadfindergruppe der Christlichen Pfadfinderschaft Deutschlands (CPD) - und von 2010 bis 2012 zusätzlich bei der Kirchengemeinde als Mitarbeiter der Kinder- und Jugendarbeit - angestellt worden.
Die badische Landeskirche hat nach eigenen Angaben einen externen Juristen beauftragt, der derzeit überprüfe, wie es seinerzeit zur Anstellung kam. "Aus heutiger Sicht ist es eine Fehleinschätzung gewesen, die wir zutiefst bedauern", erklärte der Landesbischof. Man habe damals dem Freispruch der Justiz vertraut.