Adveniat engagiert sich auf Weihnachtsmärkten

"Wir entschleunigen den Advent"

Gemütlichkeit statt Gedrängel: In den Kerzenziehhäusern des Lateinamerikahilfswerkes Adveniat können Besucher selbst Kerzen herstellen. Dafür müsse man sich Zeit nehmen, so Christian Frevel von Adveniat. Dabei entstünden oft intensive Gespräche.

Weihnachtsmarkt in Essen / © Roland Weihrauch (dpa)
Weihnachtsmarkt in Essen / © Roland Weihrauch ( dpa )

DOMRADIO.DE: Für einige ist der Besuch auf dem Weihnachtsmarkt Tradition, das stimmt sie einen ganzen Monat lang auf Weihnachten ein. Für die anderen ist das eher ein "No-Go" im besinnlichen Advent, an jedem zweiten Platz in der Stadt dann eine Glühwein-Party zu schmeißen. Wie sehen Sie das denn?

Christian Frevel (Leiter der Öffentlichkeitsarbeit beim katholischen Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat): Nun will ich kein Wasser in den Glühwein kippen. Ich glaube, Freude am Advent ist eine schöne Sache. Es ist eine Vorfreude auf das Fest der Menschwerdung Christi und das ist gut, wenn wir uns daran erinnern. Auf der anderen Seite sehe ich natürlich auch die Kommerzialisierung unserer Weihnachtsmärkte immer mehr hin zu einer Art von Fress-, und Saufgelage – im Sinne von Betriebsausflügen und Kegelclubs, die sich da tummeln. Das ist schwieriger. Wir sollten zurückkommen zu den wahren Werten, die wir mit dem Advent verbinden.

DOMRADIO.DE: Deswegen ist Adveniat auf Weihnachtsmärkten dabei, mittlerweile in neun Städten in ganz Nordrhein-Westfalen. Was genau bieten Sie da an? Etwas aus Lateinamerika?

Frevel: Nein, das wäre verkehrt. Wir würden ja dann etwas importieren, was nicht auf den deutschen Weihnachtsmarkt gehört. Wir wollen das machen und anbieten, wonach sich diese Leute eigentlich sehnen, die auf den Weihnachtsmarkt kommen. Die ein bisschen Besinnlichkeit suchen, Ruhe und vielleicht auch den Kerzenduft. Deshalb haben wir in vielen Städten Kerzenziehhäuser, man kann da selber Kerzen ziehen. Wir haben Plätzchen-Backhäuser, wo wir gemeinsam mit Kindern und auch mit Jugendlichen und Erwachsenen Plätzchen backen. Es gibt Angebote von fairem und ökologischem Glühwein. Und es geht natürlich auch darum, gemeinsam zu singen und den Advent zum Klingen zu bringen.

DOMRADIO.DE: Diese Kerzenziehhäuser sind schon etwas Besonderes. Wie ist die Stimmung in so einem Haus?

Frevel: Ich gehe mal auf das älteste ein, das ist das Kerzenziehhaus in Essen, das haben wir nun schon 20 Jahre. Das ist eine lange Tradition, eigentlich der Grundstock dessen gewesen, warum Adveniat sich weiter auf diese Weihnachtsmärkte hereinwagt. Natürlich auch als die Weihnachtsaktion der katholischen Kirche, deshalb gehören wir auch dahin. Aber die Atmosphäre ist eine besondere, weil wir den Advent entschleunigen. Wir nehmen ein bisschen Tempo raus. Wer dort hereinkommt, spürt gleich die Ruhe, die da herrscht.

Wir recken dort nicht die Hände zum Himmel und singen Halleluja, sondern tauchen gemeinsam Dochte in Wachs hinein und wieder heraus. Es dauert auch mindestens eine ganze Stunde, bis eine Kerze fertig ist. Und diese Zeit muss man sich einfach nehmen und das ist schön, man kommt ins Gespräch. Viele Ehrenamtliche helfen uns dabei. Hier in Essen zum Beispiel in dem Kerzenziehhaus haben wir eine Gruppe von fast hundert Ehrenamtlichen, die dort mithelfen. Und das ist etwas, wo auch ein Austausch zwischen den Ehrenamtlichen, die immer wieder von uns auch betreut und geschult werden, und den Leuten, die da hinkommen, geschieht. Und das sind nicht nur Menschen aus Essen, sondern auch aus Holland oder dem Sauerland. Manche sagen, ich komme extra wegen des Kerzenziehhauses.

DOMRADIO.DE: Hat diese Kerzen-Zieh-Aktion vielleicht auch etwas damit zu tun, ein Licht in diese Welt zu tragen?

Frevel: Letztendlich geht es darum: Das Licht ist das Zeichen für Christus und das Volk, das im Dunklen lebt, sieht ein helles Licht, heißt es bei Jesaja. Und es ist ganz wichtig, dass dieser Advent auch mit diesem Empfinden von Kerzen zusammenhängt. Die Rorate-Messen, die wir im Advent feiern, sind ein ganz wichtiger Ausdruck dieses Sehnens nach dem Licht. Und letztendlich geht es auch darum, dass wir den Menschen die Möglichkeit geben, etwas zu fertigen, was sie hinterher zu Hause an das erinnert, was wir da gemeinsam gemacht haben. In den Gesprächen erfahren sie natürlich auch, was Adveniat so macht und dass die Hilfe, die wir da geben, sinnvoll ist. Für uns ist es natürlich auch ein Anlass zu sagen: 'Hör mal, du könntest noch mehr tun, wenn du Adveniat unterstützen willst.' Und auf die Kollekte hinzuweisen in allen Gottesdiensten an Weihnachten, ist natürlich etwas, was in keinem Gespräch fehlen darf.

DOMRADIO.DE: 'Chancen geben - Jugend will Verantwortung', so heißt ihre Weihnachtsaktion in diesem Jahr. Sie rufen als Hilfswerk der katholischen Kirche natürlich auch dazu auf, zu spenden. Aber wo genau helfe ich da jetzt, wenn ich Adveniat unterstütze?

Frevel: Erst mal helfen sie bei über 2000 Projekten mit, die wir in Lateinamerika realisieren. Viele davon haben mit unserem Schwerpunktthema 'Jugend will Verantwortung' in Lateinamerika zu tun. Wir richten im Vorfeld des Weltjugendtages in Panama im Januar 2019 den Blick speziell auf diese doch sehr große Bevölkerungsanteil-Gruppe in Lateinamerika. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen in vielen Ländern Lateinamerikas sind jünger als 25 Jahre alt. Sie brauchen zum einen eine gute Ausbildung, zum anderen wollen sie aber auch die Gesellschaft mitgestalten und auch Kirche mitgestalten. Ihnen das zu ermöglichen, darum geht es in dieser Aktion.


Christian Frevel / © Martin Steffen (Adveniat)
Christian Frevel / © Martin Steffen ( Adveniat )
Quelle:
DR