DOMRADIO.DE: Warum haben sie das Thema Gesundheit gewählt?
Pater Martin Maier (Geschäftsführer des katholischen Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat): Wir haben das als zentrales Thema gewählt, weil Gesundheit ein Menschenrecht ist, weil es eines der nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen ist und weil es ein zentrales Thema in den Evangelien ist.
Jesus hat viele Heilungswunder gewirkt. Ihm ging es um das Heil des ganzen Menschen, das Heil von Leib und Seele. Außerdem haben wir dieses Thema gewählt, weil Gesundheit in Lateinamerika für die armen Menschen ein großes Problem ist.
DOMRADIO.DE: Es gibt Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen, die sich um das Thema Gesundheit kümmern. Warum ist Gesundheitsversorgung auch eine pastorale Aufgabe?
Maier: Unser Verständnis von Pastoral umfasst den ganzen Menschen und das Heil von Leib und Seele. Darum ist es auch Jesus gegangen.
Dazu kommt die faktische Situation der Kirche in Lateinamerika. Die muss bei der Gesundheitsversorgung nämlich einspringen, wo der Staat versagt. Das Problem ist, dass die Gesundheitsfürsorge der Staaten in Lateinamerika im Argen liegt. Daher springt die Kirche ein.
DOMRADIO.DE: Was sind das für Projekte, die Adveniat fördert?
Maier: Wir haben in Trier zwei Gäste aus Lateinamerika, die ihre Projekte vorstellen. Eine ist zum Beispiel Schwester Geanni Ramos aus Guatemala. Sie koordiniert ein Projekt der Kleinkindpastoral. In Deutschland würden wir sagen: der Familienhilfe. In Guatemala sind die Hälfte der Kleinkinder unterernährt und es stirbt alle vierzig Minuten ein Kind an vermeidbaren Krankheiten. Schwester Geanni versucht in Guatemala Freiwillige in den Gemeinden auszubilden, um dem entgegenzuwirken.
Da geht es um gesündere Ernährung und um Hygienemaßnahmen. Ich konnte dieses Projekt im vergangenen Januar persönlich besuchen. Das hat mir sehr viel Mut und sehr viel Hoffnung gemacht. Unser diesjähriges Aktionsplakat zeigt ein lachendes guatemaltekisches Baby, das von einer Ärztin gehalten wird. Das Baby steht stellvertretend für die vielen Kleinkinder, deren Leben durch dieses Projekt gerettet wird.
DOMRADIO.DE: War die Corona-Pandemie auch ein Grund, das Thema Gesundheit in den Blick zu nehmen?
Maier: Selbstverständlich. Corona hat in Lateinamerika wie ein Brennglas die Nöte, die Ungleichheit und die sozialen Missstände ins Licht gerückt. Es sind wie immer die Armen, die in einer solchen Situation am meisten leiden. In Brasilien sind 700.000 Menschen Opfer von Corona geworden. Auch weil die Regierung und der Präsident geleugnet haben, dass es überhaupt eine Epidemie gibt.
Das Land Südamerikas, das proportional zur Bevölkerung gerechnet am meisten von Corona betroffen war, ist Peru. Die Konsequenzen der Covid-Pandemie haben noch mal wie ein Brandbeschleuniger auf die Armut gewirkt. Das hat uns bei Adveniat dazu motiviert, dass wir in diesem Jahr die Gesundheit in den Mittelpunkt unserer Weihnachtsaktion stellen.
DOMRADIO.DE: Die Krise in der katholischen Kirche, dazu die Corona-Beschränkungen in der Adventszeit der vergangenen Jahre: Haben Sie das auch bei Adveniat zu spüren bekommen?
Maier: Das Spendenaufkommen bei Adveniat hängt sehr stark von der Weihnachtskollekte, also von den Spenden der Gottesdienstbesucher am 24. und 25. Dezember ab. Durch die Corona-Beschränkungen in den vergangenen beiden Jahren waren die Weihnachtsgottesdienste auch weniger stark besucht und so haben sich auch unsere Kollektenspenden stark reduziert. Die Einzelspenden haben zwar etwas zugenommen, aber trotzdem haben wir starke Einbußen zu verzeichnen.
Das wirkt sich natürlich auch auf unsere Projektarbeit aus. Im vergangenen Haushaltsjahr konnten wir 1.500 Projekte mit rund 29 Millionen Euro an Spendengeldern finanzieren. Wir hoffen und wir beten, dass an diesem Weihnachtsfest wieder mehr Gottesdienste möglich sind und dass die Menschen ihr Herz öffnen und uns helfen, den Armen in Lateinamerika zu helfen.
Das Interview führte Dagmar Peters.