Adventsimpuls von Bischof Ackermann

Begehren, Bedürfnis, Bitte

Der Trierer Bischof Stephan Ackermann erinnert in seinem Adventsimpuls für domradio.de an den amerikanischen Schriftsteller Tennessee Williams und dessen Werk "Eine Straßenbahn namens Sehnsucht".

 (DR)

Vor 30 Jahren starb der amerikanische Schriftsteller Tennessee Williams. Eines seiner bekanntesten Werke heißt "Streetcar Named Desire". Wörtlich übersetzt "Eine Straßenbahn namens Sehnsucht". Bekannt wurde dieses Theaterstück im Deutschen unter dem Titel "Endstation Sehnsucht". Bis kurz vor der Fertigstellung seines Stückes, das unterschiedliche Charaktere und Lebensentwürfe in Amerika zur Zeit der Industrialisierung aufeinanderprallen lässt, wusste Williams nicht, wie er es nennen sollte. Er erinnerte sich dann an eine aufgegebene Straßenbahnlinie in New Orleans, deren eine Endstation "Desire" hieß. Das gefiel William so gut, dass er das Stück nach der Straßenbahnlinie benannte.

Das Wort Sehnsucht bezeichnet wie kaum ein anderes den Charakter des adventlichen Wartens. Denn der Advent ist nicht eine passive Zeit des Abwartens, sondern eine aktive, von den Glaubenden gestaltete Wartezeit. Im englischen Wort "desire" ist noch das lateinische Ursprungswort Desiderium hörbar. Mit ihm werden drei Aspekte ausgedrückt, die die adventliche Wartezeit des Christen treffend beschreiben.

Der erste Aspekt lässt sich ausdrücken mit Begriffen wie Begehren, Verlangen, oder Wunsch. Aus einem bloßen Warten, wird ein Warten auf. Adventliches Warten ist auf ein Ziel hin ausgerichtet. Wie sollte es anders sein, da doch für uns alle Gott der Ursprung ist, aus dem wir herkommen. Aber immer auch die Zukunft, der wir entgegengehen. So hat es einmal Papst Benedikt formuliert: "Gott hat ein Ziel mit uns: Unsere Vollendung." Darauf wartete schon das alttestamentliche Volk Israel, darauf wartet die Kirche, ja darauf wartet die ganze Schöpfung.

Der zweite Aspekt, den das lateinische Desiderium ausdrückt zeigt ein Bedürfnis an. Die "Straßenbahn namens Sehnsucht" fährt auf ihrem Weg zu Gott nicht aus unserem Leben, aus unserer Welt hinaus, nein, sie nimmt den umgekehrten Weg und fährt mitten in unsere Welt hinein. "Gott begegnet man im Heute", sagt Papst Franziskus. Im Warten auf, werden die Bedürfnisse, die Sorgen, die Ängste und Nöte unseres Lebens erst richtig sichtbar. So kann aus dem Warten eine Wartung unseres Lebens werden. Denn wir schauen unser Leben im Lichte Gottes an. So wird Advent zur Wirklichkeit des Christen im Hier und Heute.

Der dritte Aspekt schließlich, ist der Aspekt der Bitte. Denn die "Straßenbahn namens Sehnsucht" fährt mitten in eine Welt, in der Gott oft nur verborgen da ist. Und wie die Straßenbahn ein Gleis braucht, so gibt Gott auch unserem Warten auf, eine Richtung und ein Ziel. Das Warten auf wird gewendet zum Erwarten. Vom Propheten Jeremia ergeht an uns die Zusage Gottes: "Wenn ihr mich vom ganzen Herzen sucht, so will ich mich von euch finden lassen." Aus dieser verlässlichen Verheißung des treuen Gottes heraus, entspringt darum die Bitte der adventlichen Kirche: "Lass unser Warten Ruhe finden in dir. Komm Herr Jesus, komm!"