Adventsimpuls von Kardinal Woelki

"Fürchtet euch nicht!"

Die Botschaft der Engel in der Weihnachtsgeschichte tröstet und ermutigt. In seinem Adventsimpuls für domradio.de erinnert Kardinal Woelki daran, dass ihre Worte all jenen gelten, die an den Rändern der Gesellschaft leben.

 (DR)

Die meisten von uns kennen die Weihnachtsgeschichte. Doch oft klingt sie wie eine Erzählung aus einer "heilen Welt", die sich zu allem Überfluss auch noch mit den eigenen Kindheitserinnerungen verbindet. Der Weg einer schwangeren Frau nach Betlehem, die Geburt im Stall, später die Flucht der Familie nach Ägypten: All das wird gern mit dem Zuckerguss der Nostalgie überzogen.

Die Botschaft der Heiligen Nacht ist aber nicht nur himmlisch, sie ist auch sehr irdisch. Engel verkünden den Hirten auf den Feldern die Geburt des ersehnten Messias. Ob auch Maria und Josef diesen Engelschor gehört haben? Wohl kaum. Von Maria wird in der Bibel berichtet: "Sie bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach." Worüber mag sie nachgedacht haben - darüber, dass Gott Kind wird, dass er in Armut Mensch wird und als erstes die Armen zu ihm gerufen werden?

Immer wieder tröstet und ermutigt die Botschaft der Engel. Auch wenn gerade der Heilige Abend für viele Menschen schwer ist, weil Leid, Armut oder Einsamkeit sie bedrücken. "Fürchtet Euch nicht!" Das galt damals zuerst den Hirten, heute gilt es zuerst den Obdachlosen, die in Abfallcontainern nach Verwertbarem suchen, und den Flüchtlingen, die keiner wirklich will. Der Trost gilt den alten Menschen, die sich abgeschoben fühlen, und den Familien, in denen die Armut vererbt wird. Die Botschaft der Heiligen Nacht gilt all jenen, die sich selbst nicht aushalten können.

Die Weihnachtsgeschichte erzählt von Menschen, die nicht willkommen waren - weder in den Häusern noch in den Herzen. Menschen aller Zeiten haben diesen Text aber auch stets gelesen als eine Aufforderung Gottes, sich einzusetzen für andere, die leiden, die hungern und die obdachlos sind. Darin ist das Weihnachtsevangelium aktuell - in Betlehem, in Berlin, in der Welt.

Ich wünsche Ihnen, den Hörerinnen und Hörern des Domradios, gesegnete Advents- und Weihnachtstage.