Ägyptens koptische Christen fühlen sich bei den geplanten Reformen übergangen

"Die Scharia muss weg"

Unions-Fraktionschef Volker Kauder will sich dafür einsetzen, dass die Christen in Ägypten künftig dieselben Rechte erhalten wie alle Bürger. Nach einem Gespräch mit dem Oberhaupt der Kopten in Deutschland, Bischof Anba Damian, sagte Kauder am Mittwoch in Berlin, die Christen müssten in der neuen Verfassung gleiche Rechte und Pflichten erhalten. Ägyptens koptische Christen fordern derweil ein Verbot der Scharia.

 (DR)

Damian wertete die Veränderungen in Ägypten als "sehr positiv". Auch er hob hervor, dass die Christen in der neuen Verfassung "gleichberechtigt" anerkannt werden wollten und ihnen die volle Religionsfreiheit zugesichert werden müsse. Damian bedankte sich für Kauders Einsatz zugunsten der Religionsfreiheit in dem Land. Zugleich würdigte er das Eintreten von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für die Demonstrationsfreiheit und die Menschenrechte während der jüngsten politischen Veränderungen in Ägypten.



Kauder sagte, die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung werde den koptischen Christen in Ägypten helfen, "sich in der neuen politischen Situation zurechtzufinden". Zugleich erinnerte er daran, dass weiterhin viele Christen in anderen Ländern des arabischen Raumes "unter schwierigsten Bedingungen leben".



"Wir wollen keinen islamischen Staat"

Ägyptens koptische Christen fühlen sich dennoch bei den geplanten Reformen übergangen. "Im Namen von Millionen Kopten protestieren wir gegen die jetzige Zusammensetzung des Verfassungskomitees und seinen auf einige wenige Artikel begrenzten Reformauftrag", sagte der Vorsitzende der Union ägyptischer Menschenrechtsgruppen (Euhro) und christliche Rechtsanwalt Naguib Gobraiel am Mittwoch im Interview der in Bonn erscheinenden Zeitschrift "Christ und Welt", die der Wochenzeitung "Die Zeit" beiliegt.



Der Professor für internationales Recht verlangte Religionsfreiheit in Ägypten. Dazu müsse der Artikel 2 der Verfassung gestrichen werden, der den Islam als Staatsreligion und die Scharia als Hauptquelle der Rechtssetzung festschreibe. "Wir wollen keinen islamischen Staat, wir wollen in Ägypten einen zivilen, religiös neutralen Staat", so der 57-Jährige, der zu den wichtigsten Stimmen der Kopten in Ägypten gehört.



Gobraiel äußerte die Befürchtung, dass der Verfassungsrat eine Klausel vorschlagen werde, nach der kein Kopte Präsident von Ägypten werden könne. Die Kopten seien als Religionsgruppe politisch bei der Verfassungsreform nicht vertreten, kritisierte er und verwies darauf, dass lediglich ein Mitglied des Verfassungskomitees Christ sei. "Das widerspricht dem Geist der Revolution vom 25. Januar, wo Christen und Muslime Hand in Hand miteinander gekämpft haben. Wir sind 15 Millionen Menschen. Wir haben kein Vertrauen, dass dieses Gremium unsere Interessen berücksichtigt", so Gobraiel.



Besorgt zeigte sich der Rechtexperte über die Muslimbrüder. "Wir Christen haben Angst vor den Brüdern. Sie treiben in unseren Augen Spielchen. Ihr eigentliches Ziel ist es, an die Macht zu kommen", sagte er. Das gelte insbesondere für diejenigen, die in den Verwaltungen säßen. Enttäuscht zeigte sich der Kopte über die Leitung seiner Kirche. "Zu den Protesten im Land hat sie einfach geschwiegen. Papst Schenuda III. hat während der Tage des Aufstands kein einziges Wort der Ermutigung an die Adresse der demonstrierenden Jugend gerichtet", betonte er. "Er wollte unter allen Umständen den Eindruck vermeiden, die koptische Kirche mische sich politisch ein."