Afghanistan: Hilfsorganisationen kritisieren Kabinettsbeschluss

Mehr Hilfe statt Soldaten

Der Beschluss des Bundeskabinetts zur Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr ist bei Friedens- und Hilfsorganisationen auf Kritik gestoßen. Die katholische Friedensbewegung Pax Christi forderte am Dienstag in Berlin einen konkreten Abzugsplan statt Fortführung und Aufstockung des Einsatzes. Die militärischen Aktionen am Hindukusch wirkten sich für zivile Hilfsorganisationen zunehmend als belastend aus, kritisierte Pax Christi-Generalsekretärin Christina Hoffmann.

 (DR)

Hoffmann zufolge fordert ein anhaltender Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan einen extrem hohen Finanz- und Materialaufwand sowie weitere Todesopfer, ohne dass sich die Erfolgsaussichten annähernd einschätzen ließen. Die Hilfsorganisation medico international erklärte, mit militärischen Mitteln seien Frieden und Demokratie in Afghanistan nicht zu durchzusetzen. Notwendig seien zivile Konfliktlösungen und eine entwicklungspolitische Offensive, so medico-Geschäftsführer Thomas Gebauer.

Als zentrale Elemente einer neuen Afghanistan-Politik nannte Gebauer direkte Verhandlungen zwischen allen Konfliktparteien unter Einbeziehung der zivilgesellschaftlichen Akteure, eine Entwaffnung der Milizen und Privatarmeen, den Aufbau lokaler Verwaltungsstrukturen und eine Ankurbelung der Wirtschaft.

Der entwicklungspolitische Dachverband VENRO plädierte für einen Strategiewechsel. Mehr Soldaten nach Afghanistan zu schicken sei keine Lösung, da sich die Sicherheitslage im Land trotz bisheriger Truppenverstärkungen dramatisch verschlechtert habe. Zudem sei eine klare Trennung zwischen militärischen und humanitären Aktionen notwendig, um die Arbeit der internationalen Helfer nicht weiter zu gefährden.

Auch der frühere UN-Sonderbeauftragte für Afghanistan, Tom Koenigs, forderte Deutschland und die internationale Gemeinschaft dazu auf, sich stärker für den Aufbau einer Zivilgesellschaft in dem Land zu engagieren. Dem Grünen-Politiker zufolge hat die westliche Staatengemeinschaft zu wenig Geld und Zeit in den Ausbau der Demokratie in Afghanistan investiert.

Das Bundeskabinett hatte am Dienstagmorgen die Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr gebilligt. Danach soll die Zahl deutscher Soldaten um 1.000 auf 4.500 aufgestockt werden. Der Bundestag muss dem noch zustimmen. Er debattiert am Nachmittag den ISAF-Einsatz der Bundeswehr in erster Lesung.