Akademiedirektor Budde will auch kirchenferne Milieus erreichen

Die Kraft des Arguments muss zählen, nicht formale Autorität

Der neue Direktor der Katholischen Akademie in Bayern, Achim Budde, wird am Freitagabend offiziell in München in sein Amt eingeführt. Erstmals wird ein Laientheologe und Familienvater die Leitung der Akademie übernehmen.

Kreuz an der Wand / © Harald Oppitz (KNA)
Kreuz an der Wand / © Harald Oppitz ( KNA )

KNA: Herr Budde, über zehn Jahre wirkten Sie auf Burg Rothenfels in Unterfranken. Einen Lehrstuhl in Bochum schlugen Sie aus, entschieden sich aber jetzt für die Katholische Akademie in Bayern. Was ist an dieser Aufgabe so attraktiv?

Achim Budde (Direktor der Katholischen Akademie in Bayern und habilitierter Theologe): Was für eine Frage! Eigentlich alles. Die Akademie ist "Premiumsegment" in der Bildungsbranche: das Renommee, die Vernetzung, die Unabhängigkeit, die Möglichkeiten, hochkarätige Referentinnen und Referenten zu gewinnen, das Engagement in der Kunst... Da fallen mir viele Gründe ein, warum diese Stelle so attraktiv ist wie wenige in Deutschland.

KNA: Hat Ihnen die Verbindung des großen Theologen Romano Guardini mit beiden Orten die Entscheidung leichter gemacht?

Budde: Das ist schon ein sehr schöner roter Faden. Ich bin kein Guardini-Forscher, aber habe auf Rothenfels daran mitgewirkt, sein Erbe ein Stück weit lebendig zu halten. Sein Anliegen, dem einzelnen Gläubigen seine Würde in der Kirche wieder bewusst zu machen, hat Konsequenzen für vieles: für den Gottesdienst, aber auch für die Art, wie man Bildungsarbeit macht.

KNA: Wie war es, als Sie erstmals in der Guardini-Bibliothek der Akademie standen?

Budde: Da ist mir vor Ehrfurcht schon ein Schauer über den Rücken gelaufen. Seine Handexemplare zu sehen, aus denen er sein Wissen zog, das ist beeindruckend. Leider hatte ich bisher kaum Zeit, sie mir näher anzuschauen.

KNA: Seit Dezember bemühen Sie sich um einen Einblick in die neue Aufgabe. Was ist Ihr erster Eindruck?

Budde: Die Mitarbeiter haben mich unfassbar nett aufgenommen. Sie sind alle hochmotiviert und unterstützen mich. Im Moment ist es noch sehr viel Neues und sehr Unterschiedliches, das auf mich einprasselt. Allein der Gremienplan listet fast 30 Posten auf. Bisher gibt es nichts, dem ich mich grundsätzlich nicht gewachsen fühle. Ich hätte aber gern mehr Zeit, um mich in die Einzelfragen gründlicher hineinzudenken. Das wird hoffentlich in den nächsten Monaten kommen.

KNA: Auftrag der Akademie ist es, "Beziehungen zwischen Kirche und Welt zu klären und zu fördern". Wie wollen Sie dies umsetzen in einer Zeit, in der die Distanz der Menschen zur Kirche größer wird?

Budde: Das ist die große Herausforderung. Denn das Verhältnis der Kirche zur Welt hat sich über die Jahrzehnte gewandelt. Im Grunde kann bereits die Gegenüberstellung der beiden Größen "Kirche" und "Welt" die Realitäten heute gar nicht mehr präzise fassen: Inzwischen geht der Riss zwischen Kirche und Welt doch im Grunde durch jeden einzelnen von uns hindurch. Und manchmal schauen wir wie von außen kopfschüttelnd auf unsere Kirche.

KNA: Wie sieht dann der Auftrag für die Akademie aus?

Budde: Sie muss neue Formen der Auseinandersetzung finden: Nutzen wir die Chancen analoger Bildungsarbeit? Oder könnte man sich unsere Veranstaltungen genauso gut auf Youtube anschauen? Dass Menschen sich physisch in einem Raum versammeln, birgt schließlich Potenziale.

Wie steht es um die Ästhetik? Sind wir cool genug, um Kontakt zu Milieus zu bekommen, für die die Kirche uninteressant ist? Ich glaube nicht an Patentrezepte, aber unser Ziel muss es sein, mit allen bildungsaffinen Milieus in Kontakt zu sein. Das geht nur, wenn die Kirche einen Raum eröffnet, in dem man barrierefrei denken und ergebnisoffen diskutieren darf, in dem die Kraft des Arguments zählt und nicht formale Autorität. Alles andere ginge auf Kosten unserer Glaubwürdigkeit.

KNA: Sie sind der erste Laientheologe als Leiter. Hat man als Familienvater einen anderen Zugang zu dieser Aufgabe?

Budde: Dass ich eine Familie mit zwei Kindern im Alter von 5 und 7 Jahren habe, prägt stark mein Leben und auch mich als Person. Es hat aber keinen direkten Einfluss auf die Programmatik. Es gibt ja noch mehr Akademiedirektoren, die Familie haben. Dadurch, dass diese Stelle nicht exklusiv für einen Priester ausgeschrieben war, hat wohl eine gewisse gesellschaftliche Normalität Einzug gehalten.

KNA: Sie sind Mitbegründer des Vereins "Ökumenisches Stundengebet".

Budde: Das ist meine durch die Benediktiner geprägte Form der Spiritualität. Stundengebet lässt sich ohne Klerus und auch ökumenisch feiern. Nur weil ich kein Priester bin, soll die Kapelle im Haus nicht zur liturgiefreien Zone werden. Seit Jahresbeginn gibt es täglich um 10 vor 10 ein kleines Stundengebet für die Mitarbeiter.

Auch für manche unserer Veranstaltungen kann ich mir eine nicht nur kulinarische, sondern auch liturgische Rahmung sehr gut vorstellen. Gerade, wenn wir in Kontroversen als Veranstalter inhaltlich neutral bleiben wollen, ist das eine elegante Möglichkeit, ganz unaufgeregt unsere Identität zu zeigen.


Quelle:
KNA