Luftballons hängen von der Decke. Auf den Tischen stehen Teller mit Quarkbällchen. Neugierig greift Anna zu - blickt aber noch kurz fragend zu ihrer Mutter, bevor sie sich das Gebäck in den Mund steckt. Beide lachen. Das kleine Mädchen aus Serbien ist heute als Eisprinzessin verkleidet. Neben ihr sitzen Clowns, Piraten und Cowboys. Die Kölner Caritas hat am Dienstag zu einer ganz besonderen Karnevalsveranstaltung eingeladen. Allen Neulingen, besonders Flüchtlingen und Migranten, will die Hilfsorganisation die Bräuche und Traditionen von Karneval näherbringen - mitsamt ihrer Grenzen.
Übersetzungen ins Englische und Arabische
Peter Schmitz begrüßt die Jecken im Saal. "In Köln sagt man nicht Salam - man sagt Alaaf", ruft er lachend. Jede seiner Ansagen wird ins Arabische und Englische übersetzt. Schmitz steht heute als Lehrer auf der Bühne - und freut sich über sein volles Klassenzimmer. Rund 200 Menschen, die meisten davon Zugewanderte, sind der Einladung der Caritas gefolgt. Irgendwo zwischen Schulstunde und Karnevalssitzung liegt das Programm, das die Mitarbeiter der Einrichtung auf die Beine gestellt haben.
Mittendrin ist auch der Leiter des Internationalen Caritas-Zentrums, Juan Vera Rodriguez. "Karneval gehört einfach zu unserer Kultur dazu. Da wollten wir den Menschen, die hierherkommen auch über die Sprache hinaus Orientierung bieten", erklärt Rodriguez. Er habe oft erlebt, dass Neulinge verwundert oder gar erschrocken auf das wilde Treiben der Narren und Jecken reagierten. "Wir wollen klarmachen: Wir sind eben nur zu dieser Zeit verrückt. Außerhalb von Karneval sind wir alle ganz normal", so der Gastgeber.
Sambagruppe bricht das Eis
Auch wenn einige Besucher das Spektakel anfangs noch mit etwas Abstand beobachten, spätestens beim Einzug der Sambagruppe ist das Eis gebrochen. Es wird geklatscht, getanzt und kennengelernt. Die Stimmung ist ausgelassen. So auch bei Terezia Jakubcova. Die Griechin ist seit zwei Monaten in Deutschland und mit ihrem Sprachkurs zur internationalen Karnevalsveranstaltung gekommen. Die junge Frau ist überrascht, wie ausgelassen die Deutschen feiern. "Ich dachte immer, die Leute hier sind etwas steif. Jetzt weiß ich: Karneval ist wohl die beste Zeit für alle Deutschen."
Das in diesem Jahr topaktuelle Polizistinnen-Kostüm hat die Griechin von ihrer Deutschlehrerin Ilona Ivancevic bekommen. Der ist es besonders wichtig, dass ihre Schülerinnen auch praktisch auf das wilde Treiben vorbereitet werden. "Es war eine große Diskussion in unserem Kurs, wie sicher der Karneval in Köln ist und welche Ecken man besser meiden sollte." Die Frage nach der Sicherheit hat wohl auch die vielen Journalisten in das Internationale Caritas-Zentrum gelockt. "Wir sind schon überrascht von dem großen Presseaufgebot bei unserer Veranstaltung", erklärt Einrichtungsleiter Juan Vera Rodriguez.
Thema Grenzen im Karneval
Kamelle, Kölsch und Küsschen auf die Wange - auch auf der Bühne sind die Grenzen im bunten Karnevalstreiben ein Thema. Der Genuss von Alkohol gehöre zu den Feiern nun mal dazu, erklärt Peter Schmitz alias "der Pädagoge". "Aber immer mit Gefühl." Und Augenmaß. Gleiches gelte auch für die leicht verteilten "Bützchen". Flirten sei zwar unbedingt erlaubt, bedeute aber keine Garantie auf mehr. "Auch im Karneval ist ein Nein genauso ein Nein wie außerhalb", betont Juan Vera Rodriguez am Rande der Veranstaltung.
Abseits der Erklärungen steht das Miteinander im Mittelpunkt der Veranstaltung. Eine Band aus verkleideten Caritas-Mitarbeitern spielt Karnevalsklassiker, und Moderator Peter Schmitz ruft "Jede Jeck ist von woanders". Der ganze Saal wiegt sich dabei im Schunkeltakt. Auch die kleine Anna wippt auf dem Schoß ihrer Mutter Sonja Hallovic mit. Diese hat zwar auf ein Kostüm verzichtet, die Veranstaltung macht ihr trotzdem Spaß. "Alle Menschen sind so fröhlich und feiern gemeinsam. Und meiner Tochter gefällt das, das ist das Wichtigste", sagt sie lachend. Sie werden sich auf jeden Fall die Umzüge ansehen, erzählen beide. Denn sie haben jetzt eine Idee, was es mit Karneval auf sich hat.