Alexandra Wegener hilft in Nepal

"Das Erdbeben ist auch eine Chance"

Alexandra Wegener hat vor den großen Erdbeben Nepal bereist und sich in das Land verliebt. Nun ist sie zurückgekehrt und hilft beim Wiederaufbau. Im domradio.de-Interview berichtet sie von ihrem Engagement.

 (DR)

domradio.de: Wie helfen Sie in Nepal?

Alexandra Wegener: Meine Freundin und ich haben ein privates Spendenkonto eröffnet und knapp 2.000 Euro zusammenbekommen. Wir haben uns dann dazu entschieden, das Geld persönlich vorbeizubringen, damit wir nicht den Weg über das Government gehen müssen. Als wir dann hier in Kathmandu ankamen, war es nicht so schlimm, wie wir es erwartet hatten. Also die Touristenhauptziele sind unbeschadet, allerdings ist in den Bergregionen sehr viel zerstört worden. Wir hatten eigentlich ein Hilfsprojekt vorgesehen für ein kleines Dorf in der Nähe von Gorkha, aber als wir hier ankamen haben wir erfahren, dass sie schon sehr viel Hilfe bekommen hatten. Deswegen haben wir ein bisschen recherchiert und herausgefunden, dass in einem bestimmten Gebiet zwischen Kathmandu, Pokhara und Chitwan, das sind die drei beliebtesten Touristenziele, die Menschen keine Häuser mehr hatten und auch nur Zelte, die nicht wasserdicht sind. Und weil der Monsun jetzt im Anmarsch ist, haben wir jetzt in ca. 300 Dächer investiert, die wir an eine Schule gebracht haben und dann kamen aus den umliegenden Dörfern 34 Menschen zu dieser Schule. Dort haben wir dann ausgerechnet, wie viele Familien wie viele Dächer bekommen und haben dann die Dächer verteilt. Dann haben wir auch geholfen, die Dächer zu den Dörfern zu transportieren. Jetzt haben sie dort endlich regenfeste Dächer.

domradio.de: Warum haben Sie ein privates Spendenkonto eröffnet und sich nicht irgendwo eingeklinkt?

Wegener: Es gibt viele Spendenkonten von vielen großen Organisationen. Das Problem ist, dass die über das Government angemeldet werden müssen. Und das Government hat dann direkten Zugriff auf die Konten. Viele Organisationen, wie zum Beispiel die Caritas, sind auch dazu übergegangen, Privatleute zu schicken, um eben genau das zu verhindern. Das Government in Nepal ist nach wie vor sehr korrupt und greift sich viele Spenden ab. Ich habe gehört, dass 80 Prozent der Spendengelder nicht bei den Menschen ankommen. Es gab sogar den Fall, dass ein Politiker Hilfsgüter angenommen und anschließend weiterverkauft hat an Hilfsbedürftige. Der ist Gott sei Dank geschnappt und zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden.  So etwas wollten wir verhindern. Das Geld soll dahin kommen, wo es auch gebraucht wird.

domradio.de: Warum machen Sie das alles?

Wegener: Ich mache das, weil ich für ein halbes Jahr hier war und die Menschen kennengelernt habe. Und ich habe noch nie so freundliche, gütige und dankbare Menschen kennen gelernt in meinem Leben. Ich möchte einfach, dass sich die Menschen hier was aufbauen können, neue Wege einschlagen können. Sie haben jetzt durch das Erdbeben die Chance bekommen, es besser zu machen und ich möchte das gern unterstützen.

domradio.de: Durch das Erdbeben eine Chance bekommen – das klingt etwas widersinnig. Das Erdbeben war ziemlich schrecklich.

Wegener: Es war schrecklich, es war ne große Katastrophe. Viele Menschen sind gestorben oder haben ihre Familien, ihr Vieh und ihre Häuser verloren. Die Menschen hier in Nepal sind allerdings nicht so, dass sie sich jetzt zurückziehen und nicht mehr nach vorne blicken. Ja, sie haben lange getrauert, aber danach sind sie aufgestanden und haben nach vorne geblickt. Alle arbeiten zusammen Hand in Hand, versuchen sich gegenseitig zu unterstützen, etwa mit Nahrungsmitteln. Es gibt viele Leute hier, die sich Jeeps nehmen und in wirklich gefährliche Regionen, um zu helfen. Das ist beeindruckend. Und das Erdbeben kann insofern eine Veränderung bringen, dass Nepal jetzt bekannt geworden ist. Dieses Land war vorher nicht bekannt. Und jetzt kennen es viele Menschen, sie spenden und unterstützen dieses Land. Sie können jetzt daran arbeiten, es besser zu machen, als es vorher war. Die Häuser können stabiler gebaut werden, die Straßen werden ausgebessert. Die Menschen können ein geregelteres und angenehmeres Leben haben als vorher.

Das Interview führte Susanne Becker-Huberti


Quelle:
DR