Alois Glück über die Vatikan-Umfrage zur Lage der Familien

"Das wird mehr als eine Geste sein"

Als Vorbereitung zur Familiensynode hat der Vatikan einen Fragenkatalog an alle nationalen Bischofskonferenzen geschickt. Alois Glück, Präsident des ZdK, schätzt diesen Schritt im domradio.de-Interview ein.

 (DR)

domradio.de: Bislang ist der Vatikan ja nicht gerade dafür bekannt, dass er seine Gläubigen in Umfragen befragt. Wie spektakulär ist dieser Schritt aus Rom?

Glück: Es ist ein eindrucksvoller Schritt. Es ist ein Schritt ganz in der Logik von Papst Franziskus, der denkt und handelt vor allem als Seelsorger, von den Menschen her. Und ich denke, es ist sehr, sehr gut, wenn diese verschiedenen Wirklichkeiten sowohl in unseren eigenen Lebenssituationen hier in Deutschland, aber auch in der Weltkirche insgesamt, auch in ganz unterschiedlichen sozialen und kulturellen Traditionen und Bedingungen, ein entsprechendes Bild übermitteln, was die Situation betrifft und auch, was mögliche Wege für die weitere Entwicklung betrifft. Das ist schon etwas, was zunächst einmal eine starke Geste ist, aber mehr als eine Geste sein wird.

domradio.de: Meinen Sie denn, die Laien werden an der Umfrage tatsächlich beteiligt werden in Deutschland? Rom erhält ja dann ein realistisches Meinungsbild der Gläubigen.

Glück: Ja, ich gehe davon aus, dass die Gläubigen in Deutschland auch beteiligt werden. Wie und in welcher Weise, darüber werden wir demnächst auch mit der Bischofskonferenz sprechen. Es muss ja letztlich auch in einer Form geleistet werden, dass nicht eine Flut von Papieren kommt, die man in einer absehbaren Zeit auch gar nicht auswerten kann. Insofern wird es auch wichtig sein, in welcher Form und Struktur diese Beteiligung stattfindet. Es muss jedenfalls prinzipiell offen sein, das ist ja ganz der ausdrückliche der Wunsch des Heiligen Vaters, dass die Christinnen und Christen, die Katholikinnen und Katholiken beteiligt werden, das heißt ihre Situation, ihre Einschätzung, ihre Hoffnungen und Wünsche an die Kirche damit auch übermitteln können.

domradio.de: In Großbritannien hat die Bischofskonferenz schon eine Online-Umfrage für die Gläubigen eingerichtet. Wünschen Sie sich sowas auch für Deutschland, oder meinen Sie, das ist zu pauschal?

Glück: Ich glaube, man muss das gründlich überlegen, in welcher Form es auch tatsächlich hilfreich ist, im Sinne von möglicher Auswertung. Es ist ja nicht damit getan, zu sagen, jeder kann sich beteiligen. Da werden wir von Seiten des Zdk gerne mitwirken, auch an solchen Überlegungen, wie man es am besten gestaltet, was nicht heißt natürlich, dass dann irgendeine Art von Filter mit eingebaut wäre.

domradio.de: Es sind ja teilweise ziemlich schwierige Fragen, die da gestellt werden. Was glauben Sie, wie kann man das auf die Gläubigen runterbrechen?

Glück: Das ist jetzt eine starke Möglichkeit, ein starkes Zeichen. Jetzt muss man sorgfältig überlegen, wie man das am besten gestaltet, dass es auch tatsächlich Wirkung hat und nicht nur eine Aktion ist, die dann irgendwie ins Leere laufen würde.

domradio.de: Meinen Sie denn, diese Umfrage wird dann auch von den katholischen Laien in Deutschland genügend gewürdigt? Also meinen Sie, dass sich genügend Menschen daran beteiligen werden?

Glück: Da habe ich gar keinen Zweifel, dass sich viele Laien daran beteiligen werden.

domradio.de: Müssen Sie da vom Zentralkommitee der deutschen Katholiken ein bisschen die Werbetrommel rühren, um die verschiedenen Gläubigen dafür zu werben, mitzumachen?

Glück: Ich glaube nicht, dass man die Werbetrommel rühren muss, aber dass man miteinander überlegen muss, wie man das praktisch am besten gestaltet. Und wir haben ja kommenden Freitag eine Sitzung mit Vertretern der deutschen Bischofskonferenz, die sogenannte "Gemeinsame Konferenz" von Bischofskonferenz und ZdK, jeweils zehn Personen, und wir werden bei der Gelegenheit auch darüber sprechen, wie wir das ganze Projekt eigentlich vernünftig und wirksam gestalten können. Jedenfalls ist das unser Motiv und unser Wunsch von Seiten des ZdK.

domradio.de: Was glauben Sie denn, wie wird denn das Meinungsbild in der deutschen Kirche abweichen von den Themen der Weltkirche?

Glück: Ja, da gibt es nicht die einheitliche Weltkirche, hier die Deutschen und dort die Übrigen. Es hat sich ja in jüngster Zeit zum Beispiel gezeigt, dass die ganze Thematik der Situation der Geschiedenen und Wiederverheirateten in unserer Kirche, die weiter Wert legen auf das Leben in der Kirche, dass das nicht eine spezifisch deutsche Angelegenheit ist. Deswegen hat Papst Franziskus schon angekündigt, dies zu einem Thema der Synode zu machen. Die sozialen gesellschaftlichen Bedingungen etwa in Lateinamerika oder in Afrika sind natürlich jeweils unterschiedlich, aber insgesamt vermute ich, wird es viele Gemeinsamkeiten geben, was Situationen betrifft, Fragestellungen. Und von daher eben auch die Möglichkeit einer strukturierten Beratung in der Bischofssynode, darauf kommt es ja im Kern an. Eine ganz allgemeine Beschreibung oder gar ein ganz allgemeines Wehklagen würde ja auch für die Bischofssynode nicht weiterführen. Es geht um ein strukturiertes Erfassen der Situationen in der Weltkirche, und daraus müssen dann Antworten entwickelt werden.

domradio.de: Was glauben Sie, wird sich als drängendstes Problem herauskristallisieren, das alle Katholiken der Weltkirche betrifft? Meinen Sie, da gibt es so etwas?

Glück: Ja, es gibt sicher Themenkreise, die wiederum wahrscheinlich in etwas unterschiedlicher Weise, aber doch durchgängig sind, eben beispielsweise die Realität des Scheiterns von Ehen, der Situation von Familien, der Situation von Alleinerziehenden, das ist ja auch nicht nur ein deutsches Problem. Auch die ganze Frage der kirchlichen Sozialethik in Hinblick auf die junge Generation, aber nicht nur die junge Generation, der ganze Themenkreis, der in der Enzyklika Humanae Vitae beschrieben ist und der doch in weiten Teilen, bei einer großen Mehrheit der Katholiken auch innerlich nicht getragen und nicht akzeptiert wird.

Das Interview führte Christian Schlegel.


Alois Glück (DR)
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