Alois Glück über Kirchentag, Zölibat und Reformen

"Nicht nur Frau Käßmann"

Viele Impulse des Ökumenischen Kirchentag in München werden nach Ansicht von Alois Glück künftig vor Ort weitergeführt. Der katholische ÖKT-Präsident nannte es "beglückend, wie selbstverständlich Gemeinsamkeit ist und gelebt wird".

 (DR)

In einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) forderte Glück am Sonntag in München «eine Erneuerung für unsere Kirche».

KNA: Herr Glück, der 1. Öffentliche Käßmann-Tag (ÖKT) ist vorbei. Wie zufrieden sind Sie?
Glück: Frau Käßmann ist herzlich willkommen gewesen, selbstverständlich. Es hat sich ja deshalb nicht gleich alles reduziert auf ihre Anwesenheit und ihre Auftritte. Aber sicher ist: Frau Käßmann erreicht Menschen mit der christlichen Botschaft, wie es anderen nicht gelingt.

KNA: Hand aufs Herz, die taffe Ex-Landesbischöfin hat doch den anderen Veranstaltungen des 2. Ökumenischen Kirchentags (ÖKT) die Schau gestohlen, oder?
Glück: Es gibt natürlich immer Gesetzmäßigkeiten der Medien - bestimmte Themen und bestimmte Personen. Oft ist es schade, wenn dadurch andere wichtige Themen zu kurz kommen. Aber da ist der Ökumenische Kirchentag kein Sonderfall.

KNA: Ist die Einheit der Kirchen durch die Tage von München näher gerückt?
Glück: Hier ist gelebte Einheit spürbar gewesen. Es ist für mich beglückend, wie selbstverständlich Gemeinsamkeit ist und gelebt wird. Vieles wird weitergeführt werden. Und diese gelebte Ökumene im Gebet, im Sozialen, im Kulturellen und in anderen Bereichen ist ganz wichtig. Es wäre zu wenig, wenn wir nur miteinander Gottesdienst feiern würden, vielleicht sogar einmal miteinander zum Abendmahl gehen - und danach wieder getrennte Wege gehen. Insofern ist für mich die bei manchen vorhandene Fixierung auf die Abendmahlfrage eine Engführung.

KNA: Mehrfach zur Sprache kam das Thema Zölibat. Der Bamberger Erzbischof Schick fordert hier ein neues Nachdenken. Notwendig oder nicht?
Glück: Das Zölibat ist natürlich eine Frage der Weltkirche und eine Entscheidung der Weltkirche. Aber es ist seit längerer Zeit sehr spürbar, dass wegen des Priestermangels und des damit verbundenen Rückzugs aus der Seelsorge diese Frage immer drängender wird. Das Zölibat wird immer seinen Eigenwert haben. Doch viele Katholiken leiden heute darunter, wie die Zahl der Eucharistiefeiern zurückgeht, wie die Seelsorge schwindet, wie die Priester und Pfarrer überlastet werden - eben weil es immer weniger gibt. Das Zölibat ist da letztlich eine Teilfrage.

KNA: Was meinen Sie damit?
Glück: Es geht um die Erneuerung für unsere Kirche. Das berührt auch Fragen der innerkirchlichen Strukturen. Und unter anderem das Zölibat. Aber im Kern wird die Strahlkraft der Kirche natürlich stets von ihrer geistlichen Ausstrahlung abhängen. Denn Kirche muss letztlich immer mehr sein als ein gut organisiertes Sozialunternehmen.

Interview: Thomas Winkel