"Die Welt erwartet und ruft nach Frieden. Die Welt braucht Frieden. Die Welt fordert Frieden, wahren, festen, dauerhaften Frieden nach dem Leiden der Kriege, die unser Jahrhundert erschüttert haben, nach dem schrecklichen Leid, das die Menschheit verwüstet hat. Die gegenseitigen Feindseligkeiten müssen aufhören."
Mit diesem Aufruf zum Frieden bestieg Papst Paul VI. am 4. Oktober 1965, einem Montagmorgen vor 50 Jahren, eine DC 8 der Alitalia, um nach New York zu fliegen. Es war ein weiteres Novum in diesem noch kurzen Pontifikat: Erstmals reiste ein Papst in die USA. Eingeladen, vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen zu sprechen, stellte Paul VI. seine Reise ganz ins Zeichen des Friedens.
Hoffnung auf eine bessere Welt
Der Papst hielt sich nur knapp 14 Stunden in New York auf und absolvierte ein dichtes Programm. Nach seiner Ankunft traf er mit US-Präsident Lyndon B. Johnson im Waldorf-Astoria-Hotel zusammen. Nach einem kurzen Meinungsaustausch ging es weiter zur UNO, deren Delegierte in gespannter Erwartung versammelt waren. Und sie wurden nicht enttäuscht.
Paul VI. hielt seine Rede auf Französisch, der Sprache der Diplomatie - aber auch eine Sprache, die er besonders liebte und in der er sich wie ein Muttersprachler ausdrücken konnte. Er gratulierte der UNO zu ihrem 20-jährigen Bestehen und drückte die Hoffnung aus, dass mit dieser Organisation die Welt eine bessere würde, Konflikte durch Verhandlungen statt durch Waffengewalt gelöst werden könnten.
Hilfsangebot der Kirche
Seine Rede - eine rhetorische Meisterleistung - gipfelte in dem Ausruf: "Nie mehr Krieg! Nie mehr! Es ist der Friede, der Friede, der das Geschick der Völker und der ganzen Menschheit leiten muss!" Er forderte die Nationen zu Abrüstung auf, zur Hilfe für die Armen, Kampf gegen den Hunger und verlangte Respekt vor dem Leben von Anfang an. Dabei bot er die Hilfe der Kirche an, die sich als "Expertin in Sachen Menschlichkeit" ausgewiesen habe.
Offen, bereit zum Dialog mit der Welt, bereit an der Lösung der großen Plagen der Menschheit mitzuwirken, so präsentierte der Papst die katholische Kirche vor der UNO. Als Hommage an die USA kleidete er seine Friedensbotschaft in ein Zitat des zwei Jahre zuvor ermordeten Präsidenten John F. Kennedy: "Die Menschheit muss dem Krieg ein Ende setzen, oder der Krieg wird der Menschheit ein Ende setzen." Kennedys Witwe Jackie, auf der Besuchertribüne anwesend, brach bei dem Zitat in Tränen aus.
Diplomatische Meisterleistung
Paul VI. war ein erfahrener Diplomat mit einem Blick für große Gesten und Symbole. Schon kurz vor seiner USA-Reise setzte er ein Zeichen: Er ernannte den Steyler Missionar Harold Perry zum Weihbischof in New Orleans: der erste schwarze Bischof für die USA. Damit brachte der Papst klar zum Ausdruck, dass die katholische Kirche farbenblind ist, was den US-Rassenkonflikt anging.
Als Gastgeschenk für UNO-Generalsekretär Sithu U Thant brachte Paul VI. ein diamantbesetztes Kreuz und einen Ring mit. Beides sollte verkauft werden, um den Erlös dem Kampf gegen den Hunger in der Welt zu spenden. Die UNO bekam von ihm ein Kreuz des französischen Künstlers Georges Rouault, ein Symbol des Glaubens und Kunstwerk zugleich.
Erhöhte Sicherheitsstufe
Für seine Fahrten durch New York bekam das Kirchenoberhaupt ein Papamobil von den Ford-Werken gestellt: einen Lincoln Continental mit offenem Dach. Damit der Papst die Menge auf seinen Fahrten übersehen konnte, wurde ein hydraulischer Thron auf dem Rücksitz eingebaut, der sich bei Bedarf heben und senken ließ. Die Straßen, die der Papst passierte, wurden mit Scharfschützen gesichert.
Bereits vorab ging eine Warnung aus, dass man auf verdächtige Personen achten solle. Geschäfte, die Priesterkleidung verkauften, wurden zu besonderer Wachsamkeit aufgefordert. Grund für die strengen Sicherheitsmaßnahmen waren zahlreiche Anschlagsdrohungen auf das Leben des Papstes.
"Unvergesslicher Besuch"
Nach seiner Rede vor der UNO besuchte Paul VI. die St.-Patrick's-Kathedrale. Er sprach dort ein Gebet, um dann im Yankee-Stadion eine Messe mit 90.000 Teilnehmern zu feiern. Auf dem Rückweg zum Flughafen machte er noch bei der Weltausstellung halt und besuchte den Vatikan-Pavillon, für den man eine Pieta Michelangelos ausgeliehen hatte. Abschließend hielt der Papst am Flughafen fest:
"Unser ganz kurzer Besuch war für Uns eine große Ehre: Wir konnten vor der ganzen Welt vom Hauptquartier der Vereinten Nationen aus den Frieden verkünden! Diese außerordentliche Stunde werden Wir nie vergessen."