"Wir müssen hören, was Jugendliche zu bestimmten Fragen denken", sagte der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki am Donnerstag vor Journalisten in Köln. "Wir müssen lernen, auf unsere Jugend zu setzen, unserer Jugend zu vertrauen."
Nach den Worten von Diözesanjugendseelsorger Tobias Schwaderlapp hat die Kirche Schwierigkeiten, mit jungen Menschen in einen für sie sinnvollen Kontakt zu kommen. "Geben wir vielleicht Antworten auf Fragen, die niemand mehr stellt?", so der Pfarrer. Zudem komme Kirche mitunter wie eine "alte Diva" daher, die erwarte, dass die Jugend auf sie zukomme. Mit der Umfrage wolle das Erzbistum deutlich machen, dass es auf die Jugendlichen zugehe und hinhören wolle, wo ihre Interessen liegen.
Vatikan will ebendalls eine Online-Umfrage starten
Die Befragung steht laut Woelki in Zusammenhang mit der von Papst Franziskus für Oktober 2018 einberufenen Weltbischofssynode, die sich mit dem Thema Jugend befassen soll. Damit habe der Papst "uns alle überrascht", so Woelki. Zur Vorbereitung will auch der Vatikan eine Online-Umfrage starten. Wenn die offiziellen Fragen vermutlich Mitte Mai von Rom verschickt werden, sollen diese nach Angaben des Erzbischofs von einer Gruppe aus Kölner Jugendlichen und Seelsorgern in "normales Jugenddeutsch" übersetzt werden. Denn die Erfahrung zeige, dass die Formulierungen vatikanischer Behörden schwierig zu verstehen seien. Neben den vom Vatikan vorgegebenen Themen würden zusätzlich noch spezielle Fragen zum Erzbistum Köln gestellt.
"Wir wollen versuchen, den jungen Menschen eine Stimme und Verantwortung zu geben", betonte Woelki. Zu möglichen Differenzen zwischen der kirchlichen Lehre und den Positionen der Jugendlichen etwa in Fragen der Sexualität sagte der Erzbischof, dass es wichtig sei, diese überhaupt wahrzunehmen und anzusprechen. Es komme dann darauf an, in einem "Dialog auf Augenhöhe" mit den Jugendlichen über Themen wie Liebe, Partnerschaft, Sehnsucht nach Gemeinschaft oder Treue ins Gespräch zu kommen.
Jacob Jürgens (16 Jahre), Isabel Andrae (21 Jahre) und Helen Quarg (21 Jahre) gehören der Gruppe an, die den diözesanen Fragebogen mit entwickeln. Jacob ist das Thema "Aufgehobensein" in der Kirche be-sonders wichtig: "Dass man eine feste Anlaufstelle hat in einer Welt, die sich so schnell entwickelt." Sein Blick auf die Kirche ändert sich momen-tan. Ein Grund dafür ist auch die Firmvorbereitung: "Man glaubt die Sachen schon, aber begreift sie weniger. Und jetzt beginne ich, mehr dahinter zu kommen."
Handlungsoptionen und Perspektiven formuliert
Die Ergebnisse der Umfrage werden laut Woelki zur Vorbereitung der Weltbischofssynode an den Vatikan weitergeleitet. Zudem würden innerhalb der Erzdiözese auf Basis der Ergebnisse Handlungsoptionen und Perspektiven formuliert. Informationen zur Kampagne gibt es ab Mitte Mai unter www.jugend-macht-kirche.de.
Bereits im Vorfeld der Weltbischofssynode über Ehe und Familie im Herbst 2015 hatten der Vatikan und deutsche Bistümer Umfragen an der Kirchenbasis initiiert. Sie belegten eine tiefe Kluft zwischen kirchlicher Lehre über die Sexualmoral und der Praxis der Katholiken.