In der Kirche auf dem Gelände des St.-Louis-Krankenhauses ist der Gottesdienst im Gang. Vor dem Gotteshaus wehen die gelb-weißen Flaggen des Vatikan; Händler bauen Stände mit T-Shirts und Käppis mit Papstporträts in kindlich-comic-haftem Design auf. Der Besuch des 121 Jahre alten St.-Louis-Hospitals mit seinen drei Schulen ist ein Programmpunkt von Franziskus bei seiner Visite in Bangkok.
Keimzelle des katholischen Bangkok
Das Krankenhaus in der Sathorn-Straße ist die Keimzelle des katholischen Bangkok. Seine Existenz verdankt es dem französisch-siamesischen Krieg Ende des 19. Jahrhunderts um den siamesischen Vasallenstaat Laos. Der Krieg war Teil eines größeren Konflikts zwischen den Kolonialmächten Frankreich und Großbritannien sowie dem Königreich Siam um die Herrschaft über das südostasiatische Festland.
Auf der malaiischen Halbinsel im Süden und in Burma im Westen saßen die anglikanischen Briten, während die katholischen Franzosen im Osten schon Vietnam und Kambodscha beherrschten. Das buddhistische Siam zog den Kürzeren, musste Laos den Franzosen überlassen und Reparationen zahlen.
Auf Betreiben der Gesellschaft der ausländischen Missionen zu Paris (MEP) kauften die Franzosen mit dem Geld des chinesischen Kaufmanns Chao Sua Yom Land und bauten das zunächst nur für Ausländer offene St.-Louis-Hospital. "So wurde das Viertel um die Sathorn- und die Silom-Straße zum europäisch-katholischen Zentrum und zum Diplomatenviertel", so der katholische Hobbyhistoriker und Arzt an St. Louis, Kumnuan Ungchusak.
Heute säumen die Sathorn-Straße Fünf-Sterne-Hotels, Büro- und Apartmentwolkenkratzer und Botschaften. Die parallel verlaufende Silom-Straße ist tagsüber ein quirliges Büro- und Shoppingviertel, das nachts zur Rotlicht- und Partymeile mutiert. Mittendrin aber hat sich das Viertel mit Klöstern, Schulen, Krankenhäusern und der Vatikanbotschaft sein katholisches Herz bewahrt.
Von all dem wird Papst Franziskus wenig zu sehen bekommen, wenn er mit seinem Konvoi durch Bangkok zu seinen Terminen mit König und Ministerpräsident, Priestern und Jugendlichen braust. Anders als Johannes Paul II., der sich bei seinem Thailand-Besuch 1984 mit Flüchtlingen aus Vietnam, Laos und Kambodscha traf, sieht das offizielle Programm von Franziskus kein Zusammentreffen mit katholischen Flüchtlingen aus Pakistan oder aus Myanmar vor - obwohl Bangkok das regionale Zentrum des Hilfswerks Caritas Internationalis und des Jesuit Refugee Service ist.
Kritik am Erzbischof von Bangkok
Manche Katholiken in Bangkok kritisieren Kardinal Francis Xavier Kriengsak Kovitvanit, Erzbischof von Bangkok und Vorsitzender der Bischofskonferenz, wegen des päpstlichen "Soft-Programms". Ein Geistlicher, der nicht namentlich genannt werden möchte, äußert hingegen Verständnis. "Wir sind eine sehr kleine Minderheit. Daher ist es die Pflicht des Kardinals, uns im gegenwärtigen repressiven politischen Klima zu schützen."
Im zunehmend nationalistischer werdenden Thailand ist es nicht opportun, schwierige Themen öffentlich anzusprechen. An der Unterdrückung von Oppositionellen, Menschenrechtlern und Kritikern von Regierung und Armee habe sich nach der ersten Wahl seit dem Putsch 2014 im März nichts geändert, heißt es in einem jüngst veröffentlichten Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW). Stattdessen habe ein "manipuliertes Verfahren" für die Wiederwahl von Junta-Chef General Prayut Chan-ocha gesorgt; und der zeige "keine Anzeichen, dass er seine unerbittliche und starre Haltung zur Meinungsfreiheit lockert".
Rund 70.000 Katholiken aus ganz Thailand sowie aus den Nachbarländern Laos und Kambodscha werden am 22. November zur Papstmesse im Nationalstadion von Bangkok erwartet. "Ich kann es kaum erwarten, ihm einmal nahe zu sein", sagt die Katholikin Khun Aew strahlend. Vor der St.-Louis-Kirche kauft sie sich ein blaues Papst-T-Shirt. "Das werde ich zur Messe tragen."