In Schweden ist ein offener Streit über eine renommierte Auszeichnung entbrannt: Es geht um den Alternativen Nobelpreis, der alljährlich an Personen und Organisationen vergeben wird, die sich für Menschenrechte, Frieden, Abrüstung, Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit einsetzen. Seit mehr als 30 Jahren fand der die Verleihung im Reichstag in Stockholm statt. Doch damit soll jetzt Schluss sein.
Platzmangel als Begründung
Parlamentspräsident Urban Ahlin, ein Sozialdemokrat, begründet den Ausschluss mit Platzmangel und damit, "dass der Reichstag kein Konferenzzentrum für außenstehende Akteure" sei. Der Preis wird von der Right-Livelihood-Award-Stiftung des Deutsch-Schweden Jakob von Uexküll vergeben. "Viele Jahre lang war es gestattet, dass die Feierlichkeiten im Reichstag abgehalten wurden, trotz der Tatsache, dass dies den Nutzungsregularien widerspricht", erläuterte Ahlins Büro dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Preis politisch brisant
Es sei aber wichtig, dass die Räume für die Aktivitäten und Arbeit des Parlaments genutzt würden. Die Begründung stößt auf Unverständnis und Empörung. Zumal der Saal, in dem die Preisverleihung stattfand, übers Jahr zu 90 Prozent leer steht. Kritiker vermuten andere Motive, denn der Preis ist mitunter politisch brisant.
2014 wurde unter anderem der US-Whistleblower Edward Snowden geehrt, der die NSA-Überwachung öffentlich machte. Wie stets seit 18 Jahren sollten auch damals die Namen der Preisträger im Pressezentrum des Außenministeriums bekanntgegeben werden. Doch kurz davor wurde der Stiftung mitgeteilt, sie könne den Raum nicht nutzen.
Wichtige Schutzfunktion für Preisträger
Es gebe neue Sicherheitsbestimmungen. Das schwedische Fernsehen SVT berichtete dann, der damalige Außenminister Carl Bildt habe interveniert. Die Vergabezeremonie Anfang Dezember fand allerdings im Reichstag statt - in Abwesenheit Snowdens, der im russischen Exil lebt, sich jedoch per Video für die Auszeichnung bedankte. Der Geschäftsführer der Stiftung, Ole von Uexküll, will Platzmangel als Begründung nicht hinnehmen. Parlamentspräsident Ahlin sei dem Preis gegenüber voreingenommen, sagte Uexküll dem epd.
Den Preisträger aus der internationalen Zivilgesellschaft den Zugang zu verweigern, sei ein bedenkliches Signal: "Frieden, Menschenrechte und Umweltschutz sind doch genau jene Themen, mit denen Schweden immer in Verbindung gebracht werden möchte", sagte Uexküll. Etliche Preisträger appellierten an Ahlin, er möge seinen Entscheid überdenken. Denn die Verleihung im schwedischen Parlament wertet den Preis auf.
Für Dissidenten und Menschenrechtler in autoritären Regimen kann die Ehrung eine wichtige Schutzfunktion entfalten. So erklärte die 1992 ausgezeichnete Aktivistin Helen Mack Chang aus Guatemala, der Preis und dessen Verleihung im schwedischen Parlament hätten sie "unantastbar" gemacht.
UN enttäuscht
Auch Vertreter der Vereinten Nationen haben sich in die Debatte eingemischt: Der kenianische Anwalt und Menschenrechtler Maina Kiai, zugleich UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Versammlungsfreiheit erklärte, in einer Zeit abnehmender Freiräume sei die Entscheidung enttäuschend. Eine Gruppe Parlamentarier, die formell zur Vergabezeremonie einlädt, fordert Ahlin ebenfalls zum Umdenken auf. Alle Kritiker sind sich einig: Über den Sommer wollen sie weiter dafür kämpfen, dass der Parlamentspräsident seine Entscheidung zurücknimmt.