CDU, CSU und SPD haben sich nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur in ihren Koalitionsverhandlungen grundsätzlich geeinigt. Zuletzt gelang am Mittwochvormittag ein Durchbruch bei der Verteilung der künftigen Ministerien. Die SPD soll das Außen- und das Finanzministerium sowie das Ressort für Arbeit und Soziales bekommen. Die CSU soll demnach das Innenministerium erhalten, das um einen Heimatbereich aufgewertet werden soll.
Am Mittwochvormittag wurde noch eine kurze Liste offener Punkte abgearbeitet, hieß es. Die Unterhändler hatten sich in der Nacht bei ihrem Finale der Koalitionsverhandlungen lange Zeit an der Frage verhakt, welcher Seite das Ministerium für Arbeit und Soziales zugeschlagen werden soll. Neben der SPD beanspruchte auch die CSU das Ressort.
Knackpunkte Gesundheits- und die Arbeitsmarktpolitik
Die drei Parteien wollten vor Weiberfastnacht an diesem Donnerstag den Koalitionsvertrag stehen haben. Sie hatten am Dienstag zum Start in die Schlussrunde betont, eine erneute Vertagung sollte nach den zwei zusätzlichen Verhandlungstagen unbedingt vermieden werden.
Trotz einiger Annäherungen waren die Gesundheits- und die Arbeitsmarktpolitik bis zuletzt die zentralen Streitpunkte. Die Führung der Sozialdemokraten will vor allem mit Erfolgen in diesen Politikbereichen bei ihrer Basis für ein Ja zum Koalitionsvertrag werben.
Die SPD will weg von der "Zwei-Klassen-Medizin" von privat und gesetzlich Versicherten und hat dafür unter anderem eine Angleichung der Ärztehonorare für beide Versicherungsgruppen oder eine Öffnung der gesetzlichen Krankenversicherung für Beamte im Auge. Bei der Arbeitsmarktpolitik ging es vor allem um eine deutliche Einschränkung befristeter Arbeitsverhältnisse.
SPD-Mitglieder müssten zustimmen
Sollte der Vertrag zwischen den drei Parteien abgeschlossen werden, könnten in den nächsten Wochen 463 723 Sozialdemokraten darüber abstimmen. Die SPD gewann seit Jahresbeginn 24 339 Neumitglieder dazu. In der SPD hatten Gegner einer Neuauflage von Schwarz-Rot - allen voran die Jusos - mit dem Slogan "Tritt ein, sag nein" um neue Mitglieder geworben. Das Ergebnis des Mitgliedervotums könnte bereits am Wochenende 3./4. März bekannt gegeben werden.
Juso-Chef Kevin Kühnert begrüßte den Andrang auf die SPD: "In aller Bescheidenheit: Die Jusos nehmen gerne einen SPD-Toaster für besondere Verdienste um die Mitgliederentwicklung unserer Partei entgegen", schrieb er auf Twitter.
Nach einem der dpa vorliegenden Entwurf für den Koalitionsvertrag waren auch noch andere Punkte in der Endphase der Verhandlungen strittig. Dabei ging es unter anderem darum, ob Unternehmen Abstriche bei den Arbeitszeitregeln erlaubt werden sollen, wenn sie tarifvertraglichen Bestimmungen unterliegen.
In der Außenpolitik ging es um Rüstungsexporte sowie die Ausgaben für die Bundeswehr und die Entwicklungshilfe. Die Union will sich bei den Verteidigungsausgaben dem Nato-Ziel von 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nähern (derzeit 1,2 Prozent). Für die SPD hat dagegen Priorität, 0,7 Prozent in die Entwicklungshilfe zu stecken (2016: 0,52 Prozent).
Zollitsch: Endlich für stabile Regierung sorgen
Im Vorfeld hatte der ehemalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Freiburgs Alterzbischof Robert Zollitsch, an die Politiker in Deutschland appelliert, mehr Verantwortung dafür zu zeigen, dass das Land möglichst rasch von einer stabilen Regierung regiert werde. "Hahnenkämpfe und Profilierungssucht haben wir genug erlebt. Besinnung tut not", schreibt Zollitsch in einem Beitrag für die Zeitschrift "basis", die von der Schönstatt-Bewegung herausgegeben wird.
Die Parteien sollten überlegen, so Zollitsch weiter, ob es "nicht uns allen und damit auch unserem Land gut täte, wenn die Politiker, statt beim Politischen Aschermittwoch auf den Gegner draufzuhauen, einen Schweigetag einlegen und wirklich in sich gehen würden"?
Die Bundestagswahlen im vergangenen September und die Sondierungs- und Koalitionsgespräche seitdem hätten "uns vor Augen geführt, wie gespalten die Gesellschaft in unserem Land ist". Diese und so manche Wahlveranstaltung "haben uns mit Schrecken erleben lassen, wie viel Aggressionen, ja Feindschaft es in Deutschland gibt". Die Zeichen der Zeit verlangten aber, "das Gemeinsame zu suchen, Berge abzutragen und Brücken zu bauen", betonte Zollitsch weiter.