In Deutschland gibt es viele sehr alte Ordensleute. Nicht selten sind vor allem Ordensfrauen über 90 Jahre alt und dabei durchaus noch fit. So spielt eine 102-jährige Schwester jeden Tag die Orgel, und eine 95-jährige Schwester verrichtet noch jeden Tag ihren Dienst im Nähzimmer. Doch was ist das Geheimnis der älteren Ordensleute? Wie kann man so alt werden? Ein wichtiges Element ist wahrscheinlich der geregelte Tagesablauf.
Ordensleute, die heute über 90 Jahre alt sind, haben meistens weit über 50 Jahre im Kloster verbracht. Sie leben also seit vielen Jahrzehnten mit einer festen Struktur, mit einem immer gleichen Rhythmus. In diesem Rhythmus gibt es natürlich anstrengendere und stressigere Zeiten, denn Ordensleute müssen ja auch arbeiten.
Die Routine als Anker
Gleichzeitig verbringen Brüder und Schwestern aber jeden Tag mehrere Stunden im Gebet. Und das bedeutet nicht nur, dass man sich mit Gott verbindet, sondern dass man auch immer wieder zur Ruhe kommt. Die Psalmen sind den Ordensmenschen nach einigen Gebetsjahren sehr vertraut, so dass sie wenig Überraschungen bieten. Stattdessen bieten sie die Gelegenheit, sich selbst loszulassen und ins Gebet einzuschwingen. Das bringt Ruhe und Erholung.
Aber auch die Gemeinschaft trägt in vielfacher Hinsicht. Es ist immer jemand da, der oder die ein bisschen auf einen achtet. So tragen die Gemeinschaften dafür Sorge, dass Brüder und Schwestern, falls nötig, ihre Medikamente regelmäßig einnehmen. Es gibt Menschen, die bei Arztbesuchen unterstützen oder die im Alltag kleinere Dienste und Hilfen übernehmen können. Das hält jung. Außerdem isst ein Bruder oder eine Schwester regelmäßig und gut - und das auch noch in Gemeinschaft.
All das ist gut für die körperliche und psychische Gesundheit. Selbst wenn viele Bekannte im gleichen Alter allmählich versterben, ist ein Bruder oder eine Schwester doch nie allein. Das zeigt sich nicht nur beim gemeinsamen Essen oder beim gemeinsamen Gebet. Vielmehr gibt es immer auch Mitschwestern oder -brüder, mit denen man Zeit verbringen und sich unterhalten kann. Das regt an und hält den Geist lebendig.
Seelisch und körperlich versorgt
So kann auch jemand, der oder die das Haus nicht mehr verlassen kann, doch in Kontakt bleiben mit anderen Menschen. Wenn Ordensmenschen am Ende ihres Lebens dann doch mehr Hilfe brauchen oder ernsthaft krank werden, ist auch hier für sie gesorgt.
Es gibt pflegerische Unterstützung, vielleicht sogar eine eigene Pflegestation oder ein eigenes Altenheim. Das bedeutet, dass die Schwester oder der Bruder das gewohnte Umfeld nicht unbedingt verlassen muss, sondern nur eine Etage weiterzieht. Auch diese Stabilität und Gewohnheit mag zu der recht hohen Lebenserwartung von Ordensleuten beitragen.
Ein weiterer Aspekt ist das gute Maß an Zuwendung innerhalb der Gemeinschaft. Nach vielen Jahren und Jahrzehnten des gemeinsamen Lebens haben sich Freundschaften innerhalb der Gemeinschaft gebildet, die auch im Alter leicht gepflegt werden können. Das ist nicht nur gut gegen Einsamkeit.
Gemeinsam schafft man mehr
Die gegenseitige Unterstützung untereinander ermöglicht es auch, dass Mitbrüder oder -schwestern mehr bewältigen können als sie es alleine könnten. Da schaut die Mitschwester schon einmal ganz besonders danach, dass die Schwester alles hat, was sie braucht. Und da kümmert sich der Mitbruder ganz besonders darum, dass der Bruder nicht nur in der Zelle sitzt, sondern auch ein bisschen Bewegung bekommt.
Und so hören die einzelnen Ordensleute der Gemeinschaft auch immer zu, wenn jemand von früher erzählen möchte oder wenn aktuelle Freuden und Sorgen geteilt werden wollen. Gesehen und verstanden werden sind weitere Aspekte, warum Ordensleute sich auch im Alter noch wohlfühlen - und warum sie gut und gerne älter werden können. Das, was viele Menschen in Wohnprojekten und Mehrgenerationshäusern suchen, erleben Ordensleute also bereits ganz selbstverständlich in ihrem Alltag. Das tut allen Beteiligten gut und hält auch in hohem Alter noch fit.