Am 26. Oktober beginnt der Vatikan Gespräche mit den Piusbrüdern

Vor langen und schwierigen Verhandlungen

Am 26. Oktober, dem Tag nach der Afrika-Synode, beginnt im Vatikan das mit Spannung erwartete Gespräch mit den Piusbrüdern. Neun Monate nach der vielfach missverstandenen Versöhnungsgeste des Papstes wollen der Heilige Stuhl und die Priesterbruderschaft Sankt Pius X. in eine theologische Debatte einsteigen und nach einer Lösung der Kirchenspaltung suchen. Es dürften schwierige und lange Gespräche werden.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Ziel ist eine Überwindung des Schismas, in das die Traditionalisten 1988 mit den unerlaubten Bischofsweihen von Erzbischof Marcel Lefebvre geraten waren.

Die Piusbruderschaft und die neustrukturierte Vatikankommission "Ecclesia Dei" haben je drei Theologen für die Gespräche nominiert. Die Traditionalisten-Delegation wird von dem spanischen Bischof Alfonso de Gallareta geleitet. Von römischer Seite nehmen der Schweizer Dominikaner und Sekretär der Internationalen Theologenkommission Charles Morerod, Opus-Dei-Generalvikar Fernando Ocariz Brana und der deutsche Jesuiten-Professor Karl Josef Becker teil. Hinzu kommen jeweils ein Sekretär - für den Vatikan der "Ecclesia Dei"-Koordinator Guido Pozzo - und ein Vertreter im
Bischofsrang: Erzbischof Ladaria Ferrer, der zweite Mann der Glaubenskongregation.

Die Gespräche sollen streng vertraulich bleiben. Selbst der erste Gesprächstermin, der in den Räumen der Glaubenkongregation stattfindet, war bislang geheim. Nach den vielen Emotionen, Missverständnissen und Indiskretionen der vergangen Monate seien die Verantwortlichen beider Seiten an Ruhe interessiert, hört man in Rom. In der Vergangenheit waren die Wellen doch zeitweilig sehr hoch geschlagen, nachdem der Vatikan die Exkommunikation der vier von Lefebvre geweihten Bischöfe zurückgenommen hatte.

Die Versöhnungsgeste wurde zum Eklat
Der Schritt sollte ein Vertrauensvorschuss für künftige Einigungsgespräche mit den Piusbrüdern sein. Doch die Versöhnungsgeste von Papst Benedikt XVI. löste einen Eklat aus, als sich herausstellte, dass einer der Traditionalisten-Bischöfe, der Brite Richard Williamson, Anfang des Jahres in einem TV-Interview die Zahl der von den Nazis ermordeten Juden auf höchstens 300.000 bezifferte und die Existenz von Gaskammern leugnete. Mehrfach und auf vielen Ebenen mussten der Vatikan und der Papst selbst Klarstellungen nachreichen. Auch der Kontakt zum Judentum schien gefährdet, allerdings erwiesen sich Meldungen von einem Dialogabbruch als falsch.

Mehrere Monate dauerte es, bis der Vatikan intern das Gewirr von Pannen, Kommunikationswegen und Kompetenzgerangel durchleuchtet hatte. Im Juli legte der Papst neue Strukturen und eine neue Strategie vor. Die bislang eigenständige Kommission "Ecclesia Dei" unter ihrem nicht immer glücklich agierenden Kardinal-Präsidenten Dario Castrillon Hoyos wurde neu besetzt und direkt an die Glaubenskongregation angegliedert.

Bewertung des Zweiten Vatikanischen Konzils
Denn im Streit mit den Traditionalisten geht es in erster Linie um Glaubensfragen, um unterschiedliche Auffassungen zu Lehramt, Papsttum und kirchlicher Tradition. Insbesondere geht es um die Bewertung des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) und seiner Aussagen zu Religionsfreiheit, Ökumene und interreligiösem Dialog.

Es dürften schwierige und lange Gespräche werden, ist man im Vatikan überzeugt. Die Piusbrüder sprechen etwa von einem unterschiedlichen Verbindlichkeitsgrad der Konzilsdokumente. Einfache Dekrete könnten nicht die Bedeutung von Konstitutionen beanspruchen, so ihre These.  Im Vatikan wendet man sich gegen solche formale Sichtweisen. Auch Dekrete des Konzils, etwa das zu Ökumene oder zur Religionsfreiheit, enthielten durchaus dogmatische Lehraussagen.

Diese schwierigen Fragen zu klären wird Aufgabe der Experten sein. Die Teilnehmer haben Vertraulichkeit vereinbart. Zunächst dürften eher abstrakte theologische Themen abgehandelt werden. Erst wenn die theologischen Fragen geklärt sind, will man sich Strukturfragen zuwenden - etwa nach dem Grad der Sonderstellung, den die Piusbrüder nach einer Einigung erhalten könnten. Ob am Ende jedoch die Kircheneinheit steht, oder ob der seit 20 Jahren bestehende Bruch anhält, ist im Moment völlig offen.