Am Donnerstag trifft sich der Integrationsgipfel zum dritten Mal

Zeit für eine Zwischenbilanz

Am Donnerstag wird erstmals offiziell Zwischenbilanz gezogen in Sachen Integration. Dazu hat Bundeskanzlerin Angela Merkel rund 140 Vertreter aus Politik, Migrantenverbänden, Medien, Sport, Gewerkschaften und Arbeitgebern erneut in das Kanzleramt geladen. Im Mittelpunkt des dritten Integrationsgipfels steht der erste Fortschrittsbericht zur Integration. Die Euphorie des ersten Treffens ist längst verflogen.

Autor/in:
Christoph Scholz
 (DR)

Die Euphorie des ersten Treffens am 14. Juli 2006 ist längst verflogen. Aber auch die Fundamentalopposition einiger Verbände, die das zweite Treffen im Juli 2007 wegen der Verschärfung der Ausländergesetzgebung boykottiert hatten, ist inzwischen Geschichte. Stattdessen setzt sich offenbar auf allen Seiten die nüchterne Erkenntnis durch, dass Integration ein langer, teilweise auch schwieriger, in jedem Falle aber notwendiger Prozess ist.

Die Staatsministerin für Integration, Maria Böhmer (CDU) sieht "sehr große Fortschritte". "Das dokumentieren die Bilanzierungen, die insbesondere Bund, Länder und Gemeinden vorlegen werden", erklärte sie. Viele Migrantenverbände rücken hingegen mit Ungeduld bestehende Hindernisse und unerfüllte Forderungen in den Vordergrund. Wesentlicher Stein des Anstoßes ist nach wie vor das Ausländerrecht. In einem gemeinsamen Papier beklagten 17 in der Mehrzahl türkische Verbände die Neuregelung zum Ehegattennachzug, der vom nachziehenden Partner den Nachweis einfacher Deutschkenntnisse verlangt. Weiterer Kritikpunkt ist der Einbürgerungstest. Er könne zu einem weiteren Rückgang der Einbürgerungszahlen führen.

Keine Rede mehr von einem möglichen Boykott
Allerdings ist diesmal keine Rede mehr von einem möglichen Boykott, zumal beide Seite wissen, dass es dazu auch beim dritten Treffen keine Einigung geben wird. Das Papier der Verbände zeugt aber auch von einem wachsenden Selbstbewusstsein der Migrantenorganisationen, die sich deutlicher als zivilgesellschaftliche Akteure wahrnehmen. "Der Prozess des Dialogs funktionierte gut, verlangte allerdings einen sehr hohen Kosten- und Zeitaufwand für die Organisationen, der von den beteiligten Ehrenamtlichen getragen wurde", heißt es.

In Zeiten knapper Kassen wird die öffentliche Hand allerdings kaum auf die verlangte finanzielle Förderung eingehen. Und auch einen "Bundesbeirat für Integration und Migration" hat Böhmer bereits abgelehnt. Doch spricht auch sie von einer insgesamt "sehr guten Gesprächsatmosphäre". Dazu gehöre natürlich auch das Ringen um den besseren Weg, meint sie gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Bildungs- und Berufschancen verbessern
Neben den bleibenden Streitpunkten zeigt sich der gemeinsame Wille, vor allem die Bildungs- und Berufschancen zu verbessern. Wie dramatisch die Situation ist, bezeugt der jüngste Ausländerbericht. Demnach brechen 18 Prozent der Kinder von Zuwanderern die Schule ab, und nur noch 23 Prozent absolvieren eine Berufsausbildung. Rund 40 Prozent bleiben ohne jede berufliche Qualifizierung. Bei türkischen Migranten haben gar 72 Prozent keinen Berufsabschluss, unter den griechischen Zuwanderern sind es 61 Prozent und bei Italienern 56 Prozent. Unter den Deutschen liegt die Quote bei 12 Prozent. Entsprechend ist das Arbeitslosigkeitsrisiko von Migranten doppelt so hoch wie bei Deutschen.

Die Bundesregierung hat ihren Rechenschaftsbericht am Mittwoch verabschiedet. Der Fortschrittsbericht soll zudem über den Stand der Bemühungen aller anderen Akteure Rechenschaft ablegen. Auf insgesamt 400 Selbstverpflichtungen hatte man sich vor einem Jahr geeinigt, um den rund 15 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen. Allein die Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände hat sich zu 60 Maßnahmen verpflichtet.

Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Armin Laschet (CDU) forderte von den Ländern weitere Anstrengungen vor allem beim Spracherwerb von Kindern und Jugendlichen aus Migrantenfamilien. Und er verwies darauf, dass man in Deutschland nun jene Integration nachholen müsse, die man in den vergangenen 30 bis 40 Jahren versäumt habe.