Unter strömendem Regen feierte Rietis Bischof Domenico Pompili am Dienstag mit den Bewohnern einen Gottesdienst in einer behelfsmäßig errichteten Halle vor den zerstörten Häusern. Viele konnten ein lautes Schluchzen nicht unterdrücken, als Bischof Pompili die Namen der Toten einzeln verlas. Angehörige saßen mit ausdruckslosem Gesicht neben den Särgen.
Erst am Vorabend hatten die Behörden dem Protest der Dorfbewohner nachgegeben und 37 Särge aus Rieti nach Amatrice zurückgebracht. Aus Sicherheitsgründen sollte der Gottesdienst in der 65 Kilometer entfernten Provinzhauptstadt stattfinden.
Staats- und Ministerpräsident unter den Trauergästen
Zu der Messe waren auch Staatspräsident Sergio Mattarella, Ministerpräsident Matteo Renzi und Parlamentspräsidentin Laura Boldrini angereist. Für Dienstag hatte Renzi erneut Staatstrauer ausgerufen. Gemeinsam mit Pompili zelebrierten Bischof Giovanni D'Ercole aus dem ebenfalls schwer getroffenen Ascoli Piceno und Kurienerzbischof Konrad Krajewski, Almosenmeister des Papstes. Er nahm auf ausdrücklichen Wunsch von Franziskus an der Feier teil. Franziskus hatte am Sonntag angekündigt, die Erdbebenregion "so bald wie möglich" zu besuchen.
Bischof übt Kritik am Bau
Pompili übte in seiner Predigt verdeckt Kritik an Schlamperei und Korruption beim Bau: "Das Erdbeben tötet nicht. Die Werke von Menschen töten." Die Menschen ermutigte er zum Bleiben. "Die Orte zu verlassen, hieße sie ein zweites Mal zu töten." Der Wiederaufbau werde eine Sache von Jahren und dürfe nicht Anlass für politische Querelen oder "Plündereien unterschiedlicher Art" werden, so Pompili.
Weiße Ballons gen Himmel
Applaus kam auf, als am Schluss der Messe weiße Ballons in Erinnerung an die Opfer in den Himmel stiegen. Amatrices Bürgermeister Sergio Pirozzi sagte: "Diese Leute sind gestorben, weil sie dieses Land geliebt haben, und wir wollen hierbleiben." Als Zeichen der Verbundenheit war auch der Imam Izzedin Elzir, Vorsitzender des Verbands der islamischen Gemeinden Italiens, nach Amatrice gekommen. Ebenfalls wohnte ein orthodoxer Bischof der Feier bei; in der Region leben viele rumänische Zuwanderer, die der orthodoxen Kirche angehören.