Anglikaner diskutieren Fracking und Ölschätze

Die Kirche und der Schatz im Acker

Die anglikanische Kirche von England versteht sich gerne als Mahnerin, auch in Fragen von Umwelt und Energie. Doch ihr Vorbehalt gegen das Fracking führt nun nach Darstellung mancher britischer Medien die Kirche selbst in ein moralisches Dilemma.

Autor/in:
Gaby Mahlberg
Weltweit umstritten: Fracking (dpa)
Weltweit umstritten: Fracking / ( dpa )

Denn die Leitung der Anglikaner beansprucht Nutzungsrechte für Bodenschätze unter historischem Kirchenland - auch mögliche Öl- und Gasvorkommen. Die Methode des Fracking, bei dem gas- und ölführende Schichten mit Sand, Wasser und Chemikalien aufgebrochen werden, birgt aus Sicht von Kritikern unvorhersehbare Risiken. So beteiligten sich auch Kirchenvertreter an Protesten gegen Probebohrungen im Süden und Nordwesten Englands. Jetzt erregt die Diözese Blackburn in der nordwestenglischen Grafschaft Lancashire mit einer Broschüre das britische Medieninteresse.

Auf dem Faltblatt weist die Kirche auf mögliche Umweltschäden hin, wie etwa dem "giftigen Cocktail" von Chemikalien, der nach dem Fracking im Boden zurückbleibe und das Grundwasser verseuche. Verwiesen wird auch auf Berichte aus den USA, wo Fracking schon seit Jahren angewendet wird: Da ist von erhöhter Explosionsgefahr und gesundheitlichen Bedrohungen für Mensch und Tier die Rede. Die Diözese fordert deshalb zum Schutz von "Gottes glorreicher Schöpfung" auf und warnt vor der "Versuchung" eines schnellen Profits.

Anspruch auf Bodenschätze angemeldet

In Elswick im Westen Lancashires finden seit 1993 Probebohrungen statt. Konservative Minister in der britischen Regierung diskutieren aber auch die Möglichkeit von Fracking an weiteren Standorten im Landesinneren, wie etwa in der Nähe des Dorfes Balcombe in der südenglischen Grafschaft West Sussex. Dort wird derzeit nach Öl gebohrt. Die beteiligte Energiefirma Cuadrilla schließt künftiges Fracking zur Gasgewinnung nicht aus. Der für Balcombe zuständige Bischof von Chichester, Martin Warner, warnte hingegen vor "fragwürdigen Konsequenzen sowohl für die Gegenwart als auch für die Zukunft".

Für Aufmerksamkeit sorgte, dass die Kirche von England kürzlich einen Anspruch auf Bodenschätze wie Gas und Öl anmeldete, die sich unter ehemaligem Kirchenland befinden. Die Unterscheidung zwischen Besitz einer Grundstücksfläche und dem, was darunter liegt, ergibt sich aus der Besitzumwandlung von Land, das ursprünglich in Erbpacht ("copyhold") von einem Gutsherrn gehalten, aber im Zuge des 19. und 20. Jahrhunderts dauerhaft dem Pächter übertragen wurde. Der Gutsherr, in diesem Fall die Kirche, behielt das Recht auf die Bodenschätze. Nach einem neuen Gesetz müssen solche Ansprüche bis Oktober beim Grundbuchamt angezeigt werden. Die Rede ist von gut 2.000 Quadratkilometern.

Opfer von Journalisten?

Große Tageszeitungen wie der konservative "Daily Telegraph" und die "Times" stellten nun Vermutungen an, die anglikanische Kirche wolle nun selbst vom Fracking profitieren. Schließlich war der derzeitige Erzbischof von Canterbury Justin Welby selbst elf Jahre lang als Manager in der Ölindustrie für Energieriesen wie Elf und Enterprise Oil tätig.

Die Kirche sieht sich derweil als Opfer von Journalisten, die in der "Sauregurkenzeit" nach Skandalgeschichten suchen. Im Kurznachrichtendienst Twitter bezeichnete ein Kirchensprecher den Vorwurf des "Landraubs" als "irreführenden, wirren Nonsens". Nach Darstellung der anglikanischen Kirche geht es darum, existierende Besitzrechte zu schützen, die teils auf die normannische Eroberung Englands 1066 zurückgehen. Es gebe "keine konkreten Pläne, unter bestimmten Ländereien zu bohren".

Mit dem Recht auf die Bodenschätze hat die Kirche nun aber auch die Verantwortung dafür, was mit den Öl- und Gasressourcen geschehen soll, die sich möglicherweise in ihrem Besitz befinden. Wie ein Sprecher der Diözese von Blackburn betonte, hat die anglikanische Kirche zwar bislang noch keine "offizielle Linie" zum Thema Fracking. Dennoch habe man zusammen mit anderen Glaubensgemeinschaften die "Verpflichtung vor Gott", eine "andere Perspektive" in die Debatte zu bringen.


Quelle:
KNA