Anglikaner ringen um Einsetzung von Bischöfinnen

High Noon in York

Seit Jahren ist die Anglikanische Kirche tief gespalten. Die Liberalen wollen Frauen und Homosexuelle zu Bischöfinnen und Bischöfen machen, die Konservativen drohen in diesem Fall mit Schisma oder gar Übertritt zur Katholischen Kirche - die auch schon eine Einladung ausgesprochen hat. Am Wochenende wird die Jahreshauptversammlung vielleicht Entscheidungen bringen.

 (DR)

Es ist das Fatum dieses Mannes, an seinem Einsatz für die Weihe von Frauen und Homosexuellen gemessen zu werden. Rowan Williams, Erzbischof von Canterbury und geistliches Oberhaupt der anglikanischen Staatskirche von England, steht ein heißes Wochenende bevor. Wer sich erinnert, wie erschöpft er 2008 aus dem Saal kam, als die anglikanische Generalsynode ihren mühsamen Kompromiss zur künftigen Weihe von Bischöfinnen errungen hatte, der mag erahnen, mit welchen Gefühlen Williams die diesjährige Vollversammlung in York eröffnen wird.

Schon Wochen vor der Debatte an diesem Samstag flankierten die beiden Erzbischöfe der Kirche von England, Williams und John Sentamu von York, die neuerliche Zerreißprobe mit einem Friedensangebot an den konservativen Flügel. «Co-ordinate jurisdiction» - geteilte Zuständigkeit - so heißt die Formel, die den Gegnern von Frauen im Bischofsamt ein Ja erleichtern und so die Kircheneinheit erhalten soll.

Ein Bischofspärchen als Lösung?
Dahinter verbirgt sich die Zusage, einer möglichen Bischöfin in einer Diözese einen männlichen Bischof zur Seite zu stellen, der dann die traditionalistischen Pfarreien betreuen soll. Für die Frauen also nur eine «Weihe zweiter Klasse», schimpfen liberale Lobbygruppen - und den Konservativen bleibt die Einrichtung von Bischöfinnen ohnehin eine Zumutung, egal wie groß die möglichen Zugeständnisse auch gehen mögen.

Die Liberalen fühlen sich von ihrem einstigen Vordenker Williams im Stich gelassen. Als der Waliser 2002 zum Primas ernannt wurde, war er ihnen ein Hoffnungsträger, ein mit 52 Jahren noch vergleichsweise junger Wilder: Barde, Dichter, Druide. Mittlerweile 60, hat ihn sein schweres Amt immer weiter nach rechts gedrückt: Diener einer Einheit, die sein linkes Profil auffrisst. Zwischen allen Stühlen flicht er verzweifelt an neuen Bändern, dehnbaren Kompromissen, die die zerrissenen Fäden zwischen den beiden Lagern - in England und in der anglikanischen Weltgemeinschaft - ersetzen könnten.


Selbst wenn nun das Konstrukt der «geteilten Zuständigkeit» angenommen würde - was sind «traditionalistische Pfarreien»? Und im Gegensatz wozu? Zu «normalen» Pfarreien? Wie wird das anglikanisch-christliche Zusammenleben in einer Kirche dauerhaft funktionieren, wenn sich Gemeinden per Mehrheitsbeschluss für frauen- oder schwulenfreundlich oder eben dagegen aussprechen? Zudem würden, so befürchten Beobachter, weitere Kompromissformeln von den Gläubigen als eine Form von disziplinarischer Doppelmoral ausgelegt und die Glaubwürdigkeit in anderen, zentraleren theologischen Fragen untergraben.


Und noch zwei weitere Entwicklungen verschlechtern das Blatt, das der Primas zu Beginn der Synode auf der Hand hält: die jüngsten Medienspekulationen um die Nominierung oder Nichtnominierung eines bekennend homosexuellen Bischofs für Southwark einerseits und das vatikanische Angebot für übertrittswillige Anglikaner andererseits.

Katholische Kirche ist bereit
Der Rumor um Dekan Jeffrey John hatte in der vergangenen Woche vor allem den liberalen Flügel in Rage gebracht: Erst hieß es, der Geistliche, den Williams 2003 schon einmal persönlich von der Übernahme eines Bischofsstuhl hatte abbringen können, bekomme eine neue Chance und stehe auf der Liste der Kandidaten. Dann plötzlich wieder meldete die Presse - die irgendwie an Interna gekommen sein musste -, Johns Name tauche dort nicht auf. Der Leiter der königlichen Nominierungskommission: Erzbischof Williams.

Und Ende 2009 hatte der Vatikan auch noch eine Aufnahme von Anglikanern in die katholische Kirche erleichtert. Sogenannte Personal-Ordinariate für anglikanische Priester und Gläubige sollen künftig ermöglichen, dass diese zugleich ihre Liturgie und ihre Traditionen beibehalten und zugleich in eine volle Gemeinschaft mit dem Papst eintreten können. Auch wenn das Angebot aus Rom bislang noch auf eher schwache Resonanz gestoßen ist: Es mache, so urteilen Experten, die Drohgebärden von Konservativen, ihrer Kirche den Rücken zu kehren, allemal glaubhafter. Die Synode in York versucht am Wochenende einmal mehr die Quadratur des Kreises - und der Primas muss im Viereck rotieren.