Anglikanische Afrika-Synode bringt Wind aus allen Richtungen

Hören und gehört werden

Die zweite Allafrikanische Bischofskonferenz der Anglikaner, die am Sonntag im ugandischen Entebbe zu Ende ging, war wohl kein leichter Gang für Rowan Williams, Erzbischof von Canterbury und Ehrenprimas von mehr als 70 Millionen Anglikanern weltweit. Denn die wachsende, konservative anglikanische Gemeinschaft Afrikas strebt weg von der Mutterkirche.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
 (DR)

Das 21. Jahrhundert könne ein afrikanisches Jahrhundert der Kirche werden, so ließ sich Williams zu Wochenbeginn vernehmen. Eine ernst gemeinte Verbeugung vor der Dynamik des religiösen Wachstums in Afrika. Ein Gastgeschenk an die ugandischen Veranstalter, wohl auch. Aber ganz sicher auch ein Bonbon für die kirchenpolitischen Kritiker, die schon zur Gardinenpredigt für die liberalen westlichen Schwesterkirchen bereitstanden.



Gerade zu Beginn wurde denn auch deutlich gesprochen. Dem Westen fehle es an Gehorsam für die Botschaft Gottes, sagte Bischof Ian Ernest von Mauritius, Vorsitzender des Rates der Anglikanischen Provinzen Afrikas, in die Blocks der Journalisten; es sei nun an den Afrikanern, die Lage wieder geradezubiegen. Auch der gastgebende Erzbischof Henry Luke Orombi von Uganda machte klar, dass die Spaltung zwischen Süd und West faktisch bereits da sei. In der Tat: Viele der rund 400 in Entebbe versammelten Bischöfe Afrikas haben bereits jeden Kontakt mit ihren Amtsbrüdern in den USA oder Kanada abgebrochen. Westlicher Libertinismus in Fragen der Sexualmoral, so betonen sie, führe nicht hin zum Evangelium, sondern weg von ihm. Genau deshalb gehen die Risse just entlang dem Frauenpriestertum, der Weihe von Homosexuellen und anderen Fragen, auf die ein afrikanischer Bischof wohl erst gar nicht kommen würde.



Grabenkämpfe nur Thema am Rande

Primas Williams hat solche Anfechtungen eingesteckt, einmal mehr. Aber er verwies die Bischöfe auch auf die Notwendigkeit, den anderen zuzuhören, die Vielfalt der ihnen anvertrauten Herde wahr- und ihre Sorgen und Nöte ernstzunehmen. Das eigentliche Thema des Bischofstreffens - erst das zweite dieser Art nach Lagos/Nigeria 2004 - waren allerdings nicht diese Grabenkämpfe, die die öffentliche Wahrnehmung der anglikanischen Kirche zunehmend prägen. Es waren die wahren, die bekannten Probleme des Kontinents: Wasser- und Lebensmittelknappheit, Unterentwicklung, Kriege und Konflikte, Korruption und Krankheit, HIV und Aids.



Von letzterem konnte sich Williams in Entebbe ein eigenes Bild machen. Vor Beginn des Treffens begab er sich in eine Aids-Spezialklinik, um mit erkrankten Kindern über ihre Gefühle zu sprechen - "einer der größten Schätze", den er von dieser Reise mitnehme, so der Erzbischof on Canterbury. Gideon Byamugisha, der einst als erster Geistlicher seine HIV-Infizierung öffentlich machte, forderte die Bischöfe auf, sich ganz an die Spitze der Aids-Bekämpfung zu setzen, damit nicht das Virus 2031 seinen 50. Geburtstag feiern könne.



Stimme eines selbstbewussten Kontinents

Ugandas Staatspräsident Yoweri Museveni wandte sich mit einem Appell für mehr religiöse Toleranz an die Delegierten - und auch darüber hinaus. In der Geschichte seines Landes habe es seit der Missionierung keine zehn Jahre gedauert, bis sich Katholiken und Protestanten gegenseitig bekämpft hätten. Danach sei ein Bürgerkrieg zwischen Muslimen und Christen gefolgt. "Ich weiß nicht, wo sie gehört haben wollen, das Gott ihnen befehle, einander umzubringen", so Museveni.



Am Ufer des Victoria-Sees warnte Umweltexpertin Rose Mwebaza vor den unmittelbaren Folgen menschlicher Misswirtschaft: Der Tschad-See habe sich 1973 noch über mehrere Länder erstreckt; inzwischen verschwinde er "direkt vor unseren Augen". Ebenso die Wälder und der Schnee am Kilimandscharo.



Die Appelle und die vielen ermutigenden Beispiele für kirchliches Engagement, die in Entebbe vorgestellt wurden, scheinen auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein: Das fünfseitige Abschlussdokument lässt die Stimme eines selbstbewussten Kontinents vernehmen, der selbst anpacken und seine Hausaufgaben machen, der aber auch angehört werden will.