Gericht braucht mehr Zeit für Urteil über Hagia Sophia

Anhörung: beendet – Urteil: keins

Heute sollte der Gerichtsprozess um die Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee zu Ende gehen. Nun hat das Oberste Verwaltungsgericht der Türkei bekanntgegeben, dass es sich erst bis zum 15. Juli entscheiden wird. 

Decke in der Hagia Sophia / © Marion Sendker (privat)
Decke in der Hagia Sophia / © Marion Sendker ( privat )

Das Oberste Verwaltungsgericht der Türkei entscheidet laut türkischen Medienberichten erst innerhalb der kommenden zwei Wochen darüber, ob die Hagia Sophia in Istanbul wieder zu einer Moschee wird. Zunächst hatte es geheißen, ein Urteil könnte bereits an diesem Donnerstag fallen. Im Vorfeld gab es internationale Proteste gegen das Vorhaben, den weltberühmten Sakralbau am Bosporus, bisher ein Museum, wieder in eine Moschee umzuwandeln.

Seit 2004 versucht eine nationalistische Vereinigung für Denkmalschutz, die Hagia Sophia wieder als islamisches Gotteshaus zu nutzen, scheiterte damit jedoch wiederholt. Auch Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan setzt sich vehement für eine Umwidmung ein.
Außenminister Mevlüt Cavusoglu verteidigte das Ansinnen im Juni als «innertürkische Angelegenheit». Insbesondere Griechenland und das orthodoxe Moskauer Patriarchat forderten energisch, die Hagia Sophia dürfe keine Moschee werden, weil sie auch für Christen ein heiliger Ort und Teil ihres kulturellen Erbes sei.

Die Hagia Sophia ("Göttliche Weisheit") wurde im Jahr 537 als Reichskirche des griechisch-orthodoxen Kaiserreichs Byzanz geweiht und war die größte Kirche des Christentums. Nach der Eroberung Konstantinopels, des heutigen Istanbuls, durch die türkischen Osmanen wurde sie 1453 zur Moschee und mit Minaretten versehen.

Republikgründer Mustafa Kemal "Atatürk" machte sie 1934 zu einem Museum. Den Berichten zufolge argumentierte der Anwalt der Kläger bei der Verhandlung am Donnerstag, die damalige Entscheidung des türkischen Ministerrates sei fehlerhaft und "ungültig" im Sinne der Verfassung.

Unterdessen zitierte die türkische Nachrichtenagentur Anadolou den zuständigen Staatsanwalt mit der Aufforderung an das Gericht, den Status der Hagia Sophia als Museum zu schützen; die damalige Unterschrift sei rechtens, so der Jurist vor Gericht. Den Angaben zufolge betonte der Staatsanwalt jedoch, dass die türkische Regierung das Recht habe, eine Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee zu verfügen.

Erdogan soll Anfang Juni eine entsprechende Weisung auf den Weg gebracht haben. Zuletzt hatte es geheißen, die Hagia Sophia könnte bereits am 15. Juli wieder offiziell zu einer Moschee erklärt werden. Das Gericht setzte nun die maximale Frist bis zur Urteilsverkündung ebenfalls auf den 15. Juli fest.

Das Portal "OrthodoxTimes" und der römische Pressedienst "Fides" erwarten, dass das Oberste Verwaltungsgericht (Danistay) die Entscheidung über den künftigen Status der Hagia Sophia offenbar in die Hände Erdogans legen wird.

Die Richter bekräftigten demnach frühere Entscheidungen, wonach das Dekret Atatürks von 1934 legal zustande gekommen ist. Der Status als Museumskomplex entspreche also der aktuellen Rechtslage. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass das derzeitige türkische Staatsoberhaupt das Recht habe zu entscheiden, den Status der Hagia Sophia per Präsidialdekret zu verändern.

Christoph Schmidt 


Blick auf die Hagia Sophia in Istanbul / © AlexAnton (shutterstock)
Blick auf die Hagia Sophia in Istanbul / © AlexAnton ( shutterstock )
Quelle:
epd