Annan vermittelt - Neue Verfassung in Kenia geplant - Kirchen räumen Versagen ein

Die Lösung zum Greifen nahe

In Kenia haben sich Regierung und Opposition auf die Ausarbeitung einer neuen Verfassung und eine Untersuchung der mutmaßlich gefälschten Wahl vom Dezember verständigt. Eine Lösung der politischen Krise sei zum Greifen nah, sagte der als Vermittler tätige ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan in Nairobi. Von einem Durchbruch könne aber noch keine Rede sein, warnt im domradio-Gespräch der Caritas-Experte Jürgen Prieske. - Unterdessen haben Vertreter christlicher Kirchen öffentlich Versagen angesichts der politischen Krise und Gewalt im Land eingeräumt.

 (DR)

"Es geht nur noch um den letzten, schwierigen Schritt, aber so schwer er auch ist, wir werden ihn tun", betonte Annan mit Blick auf die zentrale Frage der Teilung der Macht in einer künftigen Regierung. Er zeigte sich zuversichtlich, in der kommenden Woche eine Lösung zu erreichen.

Nach seinen Angaben soll eine Kommission aus nationalen und internationalen Experten spätestens am 15. März mit der Untersuchung der umstrittenen Präsidentenwahl vom 27. Dezember beginnen und in spätestens in sechs Monaten abschließen. Innerhalb eines Jahres soll eine neue Verfassung ausgearbeitet werden.

Annan kündigte an, am Montag mit dem umstrittenen Präsidenten Mwai Kibaki und Oppositionsführer Raila Odinga zusammenzutreffen, um Druck in Richtung einer Einigung auszuüben. Ähnliches wurde von US-Außenministerin Condoleezza Rice erwartet, die am Montag in Nairobi eintreffen soll.

Bush appelliert
US-Präsident George W. Bush hatte zuvor in Washington erklärt, Kenia müsse dringend zur Demokratie zurückkehren. "Die Gewalt muss sofort gestoppt werden, und den Opfern der Gewalt muss Gerechtigkeit widerfahren", so Bush. Der US-Präsident sollte am Freitagabend zu einer einwöchigen Reise nach Afrika aufbrechen.

Ein Streit über eine Verfassungsreform hatte bereits vor fünf Jahren zu einem Zerwürfnis zwischen Kibaki und Odinga geführt. Odinga sieht sich jetzt als wahren Sieger der Präsidentenwahl vom 27. Dezember und wirft Kibaki Betrug vor. Er fordert unter anderem, die Vollmachten des Präsidenten zu begrenzen und die Position eines Premierministers zu schaffen. Dies wäre eine Chance, die Macht zwischen beiden Lagern zu teilen, stößt bei Kibaki aber auf Widerstand. Derzeit ist der Präsident Staats- und Regierungschef.

Bei Unruhen sind seit Ende Dezember in Kenia mehr als 1.000 Menschen ums Leben gekommen, mindestens 350.000 flohen. Der Generalsekretär der Allafrikanischen Kirchenkonferenz, Mvume Dandala, warnte vor einem Scheitern der Vermittlungsmission Annans. Das wäre eine Tragödie für Kenia und den ganzen afrikanischen Kontinent, sagte er in einem epd-Gespräch in Genf. Der Allafrikanischen Konferenz mit Sitz in Nairobi (Kenia) gehören protestantische und anglikanische Kirchen in ganz Afrika an.

Kenianische Kirchen räumen Versagen und Uneinigkeit ein
Vertreter christlicher Kirchen haben öffentlich Versagen angesichts der politischen Krise und Gewalt im Land eingeräumt. "Religiöse Führer haben versäumt, den mittleren Weg einzuschlagen; sie haben Partei ergriffen und waren so nicht in der Lage, Einigkeit zu vermitteln, als die Krise entstand", heißt es in einer Erklärung des Nationalen Kirchenrates, aus dem der kenianische katholische Pressedienst CISA am Freitag zitiert.

Da Kirchenvertreter im Wahlkampf zwischen Präsident Mwai Kibaki und Herausforderer Raila Odinga Stellung bezogen hätten, könnten sie nun in der politischen Krise keine Vermittlerrolle mehr spielen, so das Statement. Selbst nach den Wahlen und dem Beginn der Gewalt sei die Parteinahme für eine der ethnischen Gruppen weitergegangen. Auch bei der Suche nach einem Ausweg aus der Krise sei man vielfach uneins. Die Erklärung verlas der Generalsekretär des Rates, Peter Karanja.

Dem Nationalen Kirchenrat gehören 27 christliche Kirchen an. Die katholische Kirche ist nicht Mitglied.