Annegret Kramp-Karrenbauer wird Ministerpräsidentin an der Saar

Die weibliche Antwort auf die CDU-Profildebatte

Knappe Entscheidung: Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) ist vom saarländischen Landtag als erste katholische Frau in Deutschland in das Amt einer Ministerpräsidentin gewählt worden. Sie erhielt im zweiten Wahlgang 26 von möglichen 51 Stimmen.

Autor/in:
Volker Resing
 (DR)

Das entspricht einer Stimme weniger als der Zahl der Abgeordneten der schwarz-gelb-grünen Regierungsfraktionen im saarländischen Landtag. Im ersten Wahlgang erhielt die bisherige Sozialministerin nicht die erforderliche Mehrheit. Im zweiten Wahlgang entfielen auf den Gegenkandidaten der SPD-Fraktion, Heiko Maas, erneut 25 Stimmen.



Kramp-Karrenbauer folgt auf Peter Müller. Der langjährige Regierungschef an der Saar hatte im Januar seinen Rückzug aus der Politik erklärt.



Klare Ansichten zu Lebensschutz

Die 49-jährige Kramp-Karrenbauer, parteiintern gerne "AKK" abgekürzt, ist verheiratet, hat drei Kinder, war seit 2000 dreimal in unterschiedlichen Ressorts Landesministerin - und ist so etwas wie eine aktuelle Antwort auf die "C"-Debatte in der Union. Die künftige saarländische Regierungschefin überrascht noch immer auf dem politischen Parkett mit ihrer unkonventionellen Art. Klare Ansichten zu Lebensschutz, Frauenquote und Mindestlohn gehören zu ihrem politischen wie christlichen Profil, wie sie es versteht.



Vor einiger Zeit gab es im Saarland eine Kampagne gegen Abtreibungen. Dazu wurden realitätsgetreue, drei Zentimeter große Plastiknachbildungen von zehn Wochen alten Embryos verteilt - zur Abschreckung. Es gab Proteste. Kramp-Karrenbauer, vertraut mit den neuen Kommunikationswegen, ließ über ihren "Twitter"-Kanal wissen, dass sie die Aufregung nicht verstehe. "Tagelang diskutiert man über diese Aktion, aber keiner diskutiert darüber, dass es so viele Menschen gibt, die sich gegen Kinder entscheiden." Die Plastikfigur liegt noch immer in ihrem Büro.



Fühlt sich dem "linken Flügel" der CDU zugehörig

"AKK", die Frau mit dem schwierigen Namen, hat für das positive Statement zum Lebensschutz Kritik geerntet. Doch sie geht darüber erstaunlich ungerührt hinweg. Sie steht zu ihren Positionen, ist bisweilen geradliniger als mancher alte Hase in der Union. Dass sie sich dem "linken Flügel" der CDU zugehörig fühlt, daraus macht sie keinen Hehl. Und bewahrt sich zusätzlich bei einigen Positionen einen eigenen Kopf. Zum Beispiel bei der Präimplantationsdiagnostik (PID), bei der sie sich für ein striktes Verbot eingesetzt hatte.



Ihr Schwerpunkt Sozialpolitik stehe im Übrigen in der Tradition der saarländischen CDU, erklärt sie. Als eine der wenigen führenden CDU-Politiker setzt sie sich offen für einen Mindestlohn ein. Der solle tarifrechtlich geregelt und nicht vom Staat festgelegt werden.



CDU-Sozialpolitikerin im Spitzenamt

Nach Jürgen Rüttgers, dem selbsternannten Arbeiterführer an Rhein und Ruhr hat, hat die CDU jetzt an der Saar mit Kramp-Karrenbauer wieder eine profilierte Sozialpolitikerin in einem Spitzenamt. Die Herz-Jesu-Fraktion in der Union zeigt ihr junges Gesicht.



Dass "christlich" nicht "konservativ" ist, das spiegelt sich in ihrem Politikverständnis wider. So wenn sie mit Leidenschaft die Jamaika-Koalition in Saarbrücken verteidigt. Politik habe nicht nur mit Positionen, sondern mit Personen zu tun. Und in der schwarz-grün-gelben Koalition im Saarland harmoniere es eben gut.



Zum Beispiel würden die Fraktionssitzungen aller Koalitionspartner gemeinsam stattfinden können. Das ist selbst in anderen Konstellationen unüblich. Und im Kabinettssaal hängt jetzt auch noch seit dieser Woche ein Kreuz, auch das machen alle drei Partner mit.



Für beschleunigten Krippenausbau und verbindliche Frauenquote

In der Familienpolitik kritisiert sie deutlich das Betreuungsgeld, das die CSU fordert. Es setze "den falschen Anreiz". Bei dem Thema liegt sie sogar mit ihrem Förderer und Vorgänger Peter Müller überkreuz. Sie fordert einen beschleunigten Krippenausbau und will, dass der Bund die Mehrkosten trägt. Zusammen mit Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) kämpft sie für eine verbindliche Frauenquote. "Ich bin auch eine Quotenfrau", sagt sie, die Quote habe bei der Personalauswahl erst den Blick auf sie gelenkt.



"Diffuse Gefühle", sagt sie, reichen in der Politik nicht aus. Das schreibt die 49-Jährige dem 71-jährigen Erwin Teufel ins Stammbuch. Mangelndes Profil und fehlendes "C" lässt sie sich von dem Partei-Veteran nicht vorwerfen. Da kann sie ruppig werden: "Frauen an den Herd, das funktioniert nicht mehr."