Mehrere Täter haben am Mittwoch offenbar die Synagoge in Halle/Saale angegriffen. Sie hätten vergeblich versucht, in das jüdische Gotteshaus einzudringen, in dem sich bis zu 80 Menschen aufgehalten hätten, sagte der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Halle, Max Privorozki, den "Stuttgarter Nachrichten" und der "Stuttgarter Zeitung". Nach Angaben der Polizei töteten sie mindestens zwei Passanten; ein Tatverdächtiger wurde demnach bislang festgenommen. Die genauen Hintergründe sind bisher allerdings unklar.
"Wir haben über die Kamera unserer Synagoge gesehen, dass ein schwer bewaffneter Täter mit Stahlhelm und Gewehr versucht hat, unsere Türen aufzuschießen", sagte Privorozki als Augenzeuge. "Der Mann sah aus wie von einer Spezialeinheit", sagte er. "Aber unsere Türen haben gehalten."
Türen von innen verbarrikadiert
Der oder die Täter hätten außerdem versucht, das Tor des danebenliegenden jüdischen Friedhofs aufzuschießen, sagte der Vorsitzende. In der Synagoge, in der die Gemeinde zu diesem Zeitpunkt den höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur gefeiert habe, seien die Menschen geschockt gewesen.
Vor der Tür habe ein Todesopfer des Angreifers gelegen. "Wir haben die Türen von innen verbarrikadiert und auf die Polizei gewartet", so Privorizki. Die Menschen hätten weiter Gottesdienst gehalten. Die Polizei forderte die Einwohner von Halle auf, in ihren Häusern zu bleiben.
Juden in aller Welt begingen am Mittwoch ihren höchsten Feiertag Jom Kippur (Versöhnungstag). Die Polizei erhöhte in anderen Städten, etwa in Dresden, die Überwachung an Synagogen. Wie die Polizeidirektion Magdeburg mitteilte, werden derzeit alle jüdischen Einrichtungen in Sachsen-Anhalt von Polizeikräften aufgesucht. Die Bundesanwaltschaft übernahm die Ermittlungen. Gegenüber Medien erklärte sie, es gebe Anhaltspunkte für einen rechtsextremistischen Hintergrund.
Erzbischof Koch: Stehen an der Seite unserer jüdischen Nachbarn
Regierungssprecher Steffen Seibert sprach von "schrecklichen Nachrichten". Es sei "entsetzlich", dass es Tote gegeben habe. Die Gedanken der Bundesregierung gingen an Freunde und Familie. Auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) äußerte sich "entsetzt über diese verabscheuenswürdige Tat". Dabei seien nicht nur Menschen getötet worden, es sei auch "ein feiger Anschlag auf das friedliche Zusammenleben in unserem Land".
Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) gab bekannt, dass auch die Polizei in dem Bundesland in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt worden sei. Zudem sei der Schutz jüdischer Einrichtungen ausgeweitet worden.
Unterdessen erklärte der Berliner katholische Erzbischof Heiner Koch: "Wir werden nicht zulassen, dass Hass gleich welcher Art, insbesondere aber der Hass auf das Judentum, sein Ziel erreicht, unsere Gesellschaft zu spalten!"