Appelle für mehr Menschenwürde vor dem G7-Gipfel

"Nein zu einer Wirtschaft der Ausschließung"

Bischof Heiner Koch appelliert kurz vor dem Gipfel der G7-Staaten an die Politik, die Würde des Menschen in den Mittelpunkt ihrer Beratungen zu stellen.

Bischof Heiner Koch  (dpa)
Bischof Heiner Koch / ( dpa )

Anderthalb Wochen vor dem G7-Gipfel im bayerischen Elmau haben Kirchen, Entwicklungsorganisationen und Globalisierungskritiker die sieben wichtigsten Industrienationen zu einem Politikwechsel aufgefordert. Zur Vorbereitung auf den Gipfel beraten ab Donnerstag die G7-Finanzminister in Dresden. 

Der Bischof von Dresden-Meißen, Heiner Koch, mahnte gemeinsam mit dem evangelischen sächsischen Landesbischof Jochen Bohl in einem ökumenischen Gottesdienst ein faires Schuldenmanagement für Staaten an. 

Forderung nach internationalem Insolvenzrecht

"Ich maße mir nicht an, amtlich von der Kanzel her zu beurteilen und zu belehren, welches die richtigen politischen Maßnahmen sind, um Völker und in ihnen die Menschen vor dauerhafter Verschuldung und Abhängigkeit in der Welt moderner Finanzbeziehungen zu befreien", sagte Koch in seiner Predigt. Aber müsse jedoch klar sein: "Letztlich geht es nicht um ein Finanzsystem, sondern um die Würde und Größe eines jeden Menschen, der nicht leben kann, wenn andere Menschen und Systeme ihn nicht leben lassen, wir ihnen viel schuldig bleiben und wir eigentlich ihre Schuldner sind." 

Koch zitierte Papst Franziskus mit den Worten: "Wir müssen nein sagen zu einer Wirtschaft der Ausschließung." Der evangelische Landesbischof Jochen Bohl sprach sich für die Schaffung eines internationales Insolvenzrechtes aus. "Es ist aller Anstrengung wert, nach einem praktischen Verfahrensweg zu suchen, wie dies in einer fairen und transparenten Weise geschehen kann", sagte er.

"Hungerbekämpfung geht zu langsam

Das entwicklungspolitische Bündnis "erlassjahr.de" erklärte, durch die Politik des billigen Geldes verschuldeten sich immer mehr arme Länder über Gebühr und drohten in eine Schuldenkrise abzurutschen. Die Deutsche Welthungerhilfe und Oxfam drängten zu einer Trendwende im Kampf gegen den Hunger und forderten stärkere Investitionen in die kleinbäuerliche Landwirtschaft.

Der Rückgang der Zahl der Hungernden um zehn Millionen auf 795 Millionen Menschen weltweit im Jahr 2014 reiche nicht aus, sagte Welthungerhilfe-Präsidentin Bärbel Dieckmann: "Wir sind in der Hungerbekämpfung immer noch zu langsam." Mit jetzigem Tempo würde das Ziel einer von Hunger befreiten Welt erst 2060 erreicht, erklärte die frühere Bonner SPD-Oberbürgermeisterin.

Unerreichbares Ziel? Welt ohne Hunger bis 2030

Die Staatengemeinschaft soll nach dem Willen der Vereinten Nationen eine Welt ohne Hunger bis 2030 zum Ziel erklären. Auch die Hilfsorganisation Oxfam verlangte ein Umsteuern: "Es ist bereits heute absehbar, dass der Hunger bis 2030 nicht beendet wird, wenn die Regierungen nicht vom Schneckentempo in den Turbogang umschalten", sagte die Oxfam-Expertin Marita Wiggerthale. 

Die Hilfsorganisation medico international kritisierte die Entwicklungspolitik der Industriestaaten, die zum Krisenmanagement verkümmere. Die Ebola-Epidemie und die Flüchtlingskrisen zeigen laut medico-Geschäftsführer Thomas Gebauer einmal mehr, dass in den meisten Fällen erst nach Katastrophen reagiert werde. Er kritisierte Pläne der Bundesregierung, bei den Vereinten Nationen eine medizinische Einsatztruppe für Krisen zu schaffen. Statt einer solchen «Weißhelmtruppe» schlug er einen Fonds vor, um Gesundheitssysteme in armen Ländern aufzubauen.

Proteste gegen G7-Gipfel erwartet

Die Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten kommen Anfang Juni auf Schloss Elmau in Oberbayern unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen zusammen. Unterdessen wollen sich die Gipfelgegner das Recht erstreiten, ein Protest-Camp für 1.000 Menschen am Ortsrand von Garmisch-Partenkirchen aufzubauen.

Das Bündnis "Stop G7 Elmau" kündigte eine Klage gegen das Verbot an. Die Gemeinde nutze die Hochwassergefährdung, um das Camp aus politischen Gründen zu verbieten, erklärte ein Sprecher. Eine Großdemonstration am 6. Juni in Garmisch-Partenkirchen ist inzwischen mit strengen Auflagen genehmigt. Für einen Sternmarsch am 7. Juni nach Elmau ist noch keine Entscheidung bekanntgegeben worden.


Quelle:
epd , DR