Archäologe Zuchtriegel warnt vor Weltuntergangs-Ängsten

"Manchmal passiert etwas, wovor man keine Angst hatte"

Untergangsszenarien hätten das Risiko zu sehr über unberechtigte Sorgen nachzudenken, meint Archäologe Gabriel Zuchtriegel. Die Bewohner von Pompeji hätten sich über vieles Sorgen gemacht, jedoch kaum wegen eines Vulkanausbruchs.

Spanien, La Palma: Der Vulkan Cumbre Vieja stößt Lava aus / © Europa Press (dpa)
Spanien, La Palma: Der Vulkan Cumbre Vieja stößt Lava aus / © Europa Press ( dpa )

Untergangsszenarien wie die der "Letzten Generation" bergen laut dem Archäologen Gabriel Zuchtriegel die Gefahr, andere Risiken aus dem Blick zu lassen. So hätten sich die Bewohner von Pompeji über vieles Sorgen gemacht, "aber wohl kaum wegen eines Vulkanausbruchs", sagte der Direktor der antiken Ausgrabungsstätte am Golf von Neapel am Sonntag in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "Manchmal passiert etwas, wovor man gar keine Angst hat. Und dann ist es noch schlimmer als das, worüber man sich seit Jahrzehnten Sorgen gemacht hat", so der Altertumswissenschaftler.

Das Ende der Welt?

"Gesellschaften tendieren dazu, obsessiv auf gewisse Risiken zu schauen, sich manchmal auch davon lähmen zu lassen", sagte Zuchtriegel unter Verweis auf frühere Epidemien und religiöse Ängste des Mittelalters. "Ob solche Risiken real sind oder nicht, sie entwickeln eine eigene Dynamik, die bestimmend wird und andere Risiken vergessen lässt."

Der Leiter des Archäologischen Parks Pompeji relativierte den Untergang der Stadt, die beim Ausbruch des Vesuv im Jahr 79 binnen eines Tages unter Asche begraben wurde. Die Bewohner hätten das Unglück als apokalyptische Katastrophe erlebt: "Viele dachten, es sei das Ende der Welt angebrochen, eine ewige Finsternis", sagte Zuchtriegel und fügte hinzu: "Wer damals in Pompeji war, sah ja nicht, dass ein paar Kilometer weiter in Neapel und Pozzuoli das Leben weiterging."

Zur Frage, ob in der Archäologie auch der Versuch stecke, Endlichkeit und Vergessen zu überwinden, sagte Zuchtriegel: "In unserem Universum ist nichts unendlich." Die Zeugnisse vergangener Kulturen könne man versuchen zu bewahren, aber es sei ein Kampf gegen die Zeit. "Die Zeit gewinnt am Ende immer, denn sie hat unendliche Geduld", so der Wissenschaftler. Wer nach dem neutestamentlichen Gleichnis sein Haus nicht auf Sand bauen wolle, werde "in dieser Welt nicht fündig".

Quelle:
KNA
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