Armenpriester verteidigen Papst im argentinischen Wahlkampf

"Diese Angriffe gehen an die Wurzeln unseres Glaubens"

Gut sechs Wochen vor den Präsidentenwahlen organisieren die Armenpriester in Buenos Aires einen Gottesdienst für Papst Franziskus und gegen dessen Kritiker Javier Milei. Der führt die Umfragen an. Einer von ihnen ist "Padre Pepe".

Autor/in:
Tobias Käufer
Jose Maria Di Paola, genannt Padre Pepe / © Mariano Campetella (KNA)
Jose Maria Di Paola, genannt Padre Pepe / © Mariano Campetella ( KNA )

Der Schauplatz war mit Bedacht gewählt: In der Pfarrei Barracas feierte am 8. Dezember 1997 Erzbischof Jorge Bergoglio mit den Bewohnern des Armenviertels im Großraum Buenos Aires einen symbolträchtigen Gottesdienst.

Auch heute ist der Papst hier wichtig

Nun, 26 Jahre später, an diesem September-Dienstag steht Bergoglio, heute Papst Franziskus, wieder im Mittelpunkt, auch wenn er nicht persönlich anwesend ist. Eingeladen hat eine Gruppe von Armenpriestern, die Franziskus gegen die jüngste Kritik des radikal-marktliberalen Präsidentschaftskandidaten Javier Milei verteidigen wollen.

"Damals hat der Bischof, der Freund von Buenos Aires, Freund der Slumbewohner, Freund der Jungen der Einrichtung Hogar de Cristo, Pater Jorge Bergoglio dieses Viertel besucht", begann Armenpriester Jose Di Paola, als "Padre Pepe" landesweit bekannt, seine Predigt.

Pepe gilt als jener Armenpriester mit engem Kontakt zum Papst. Seinem Aufruf und dem seiner Mitstreiter zum Solidaritätsgottesdienst folgten Hunderte Gläubige.

Milei kritisiert Papst Franziskus

Milei hatte Papst Franziskus in seine scharfe Kritik an den Zuständen im Land mit einbezogen. Der Papst unterstütze den Kommunismus mit all seinen desaströsen Folgen, die diese Ideologie mit sich bringe. Er sei der Repräsentant des Bösen auf Erden, sagte Milei. Worte, die ihre mediale Wirkung im Heimatland von Franziskus nicht verfehlten und eine heftige Kontroverse auslösten.

Javier Milei, Kandidat der Partei "La Libertad Avanza" für die Präsidentschaftswahl 2023 in Argentinien, am 1. August 2023 in seinem Haus in Buenos Aires (Argentinien). / © Tobias Käufer (KNA)
Javier Milei, Kandidat der Partei "La Libertad Avanza" für die Präsidentschaftswahl 2023 in Argentinien, am 1. August 2023 in seinem Haus in Buenos Aires (Argentinien). / © Tobias Käufer ( KNA )

In einem früheren Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) hatte Milei dem Papst vorgeworfen, im Grunde ein Gegner des Privateigentums zu sein, das aber unerlässlich sei für die Schaffung von Wohlstand. Milei twitterte damals in Richtung Franziskus: "Dein Modell ist die Armut."

Betonung der Sozialen Gerechtigkeit und der Freiheit

Padre Pepe begann den Gottesdienst mit einer Verteidigungsrede, die deutlich macht, wie sehr die jüngste Kritik Mileis am Papst das "linke" Lager der katholischen Kirche aufgebracht hat: "Papst Franziskus ist für uns und für die gesamte katholische Gemeinde derjenige, der führt, der aufklärt, der auch die Herzen der Menschen erreicht, die nicht unserer Religion angehören. Diese Angriffe gehen an die Wurzeln unseres Glaubens."

Jose Maria Di Paola, genannt Padre Pepe, im Pfarrheim eines Armenviertels / © Mariano Campetella (KNA)
Jose Maria Di Paola, genannt Padre Pepe, im Pfarrheim eines Armenviertels / © Mariano Campetella ( KNA )

Soziale Gerechtigkeit gehe von einem Verständnis dessen aus, was Freiheit bedeute. "Und Freiheit bedeutet nicht nur, das zu tun, was mir passt. Es geht darum, das auszuüben, was ich für andere tun kann." Es sei eines Kandidaten unwürdig, solche Dinge zu sagen, so Padre Pepe.

Milei war zwar gemeint, wenn er auch nicht namentlich genannt wurde. Aber offenbar hat Padre Pepe auch gewisses Verständnis für die Welle der Wut, die Milei an die Spitze der Vorwahlen gespült hat: "Das wütende Votum galt der gesamten herrschenden Klasse, die die Agenda der Stadtviertel vergessen hat."

Wahlkampf in Zeiten von Wirtschaftskrise und Inflation

Die argentinischen Medien nahmen den neuen Streit auf: Die linksgerichtete "Pagina 12" schrieb: "Eine Menschenmenge versammelte sich, um die Angriffe Mileis auf den Papst zurückzuweisen." Die regierungsnahe Agentur Telam resümierte, die Messe zur Verteidigung des Papstes habe dessen große Bedeutung unterstrichen.

Das Magazin "Perfil" und die konservative Zeitung "La Nacion" berichteten über scharfe Kritik an Milei. Die rechte Zeitung "Clarin" schrieb, Milei sorge für "emotionale Aufgewühltheit".

Der Präsidentschaftswahlkampf tobt inmitten einer schweren Wirtschaftskrise mit hoher Inflation von über 100 Prozent und einer Armutsrate von 40 Prozent. Am 22. Oktober finden die Präsidentschaftswahlen statt, eine wahrscheinliche Stichwahl folgt am 19. November.

Laut einer vor wenigen Tagen veröffentlichten Umfrage der Universität Buenos Aires entfallen derzeit auf Javier Milei 38,5 Prozent der Stimmen. Er führt damit die Umfragen an.

Kirche Lateinamerikas in Zahlen

Lateinamerika heißt auch der "katholische Kontinent". Mehr als 537 Millionen und damit über 40 Prozent aller getauften Katholiken leben in dieser Weltregion, die maßgeblich durch vier Jahrhunderte spanischer und portugiesischer Kolonialgeschichte geprägt ist. Rund 86 Prozent der Menschen in Lateinamerika sind laut statistischen Angaben des Vatikan katholisch.

 (DR)
Quelle:
KNA